Kätzchen und Kuschelbär

Kätz­chen wohn­te mit ihrer Mama in einem klei­nen Häus­chen. Aber Käst­chens Mama war oft den gan­zen Tag bei der Arbeit und Kätz­chen blieb dann allein. In den Nach­bar­häu­sern gab es kei­ne Kin­der, die mit Kätz­chen hät­ten spie­len kön­nen, und dar­um muss­te Kätz­chen sich mit sich selbst beschäf­ti­gen. Vor dem Häus­chen gab es eine Grün­an­la­ge mit Bäu­men, Park­bän­ken und einer Rasen­flä­che. Da spiel­te Kätz­chen oft allei­ne mit ihrem Ball. Dann warf sie den Ball gegen die Stäm­me der gro­ßen Bäu­me und fing ihn wie­der auf, wenn er zurück­prall­te. Das war lang­wei­lig und sie wünsch­te sich ein Kind, mit dem sie spie­len könnte.

Eines Tages spiel­te sie wie­der allei­ne in der Grün­an­la­ge und warf ihren Ball gegen die Baum­stäm­me. Dabei ver­fehl­te sie ein­mal einen Baum, der Ball flog am Baum­stamm vor­bei und lan­de­te in einem Zier­busch. Sie woll­te schon los­lau­fen, um ihn zu suchen, da kam der Ball zurück­ge­flo­gen. Sie fing ihn auf und über­leg­te: Wie­so kam der Ball von allei­ne zurück?
Jetzt warf sie ihn absicht­lich am Baum­stamm vor­bei. Wie­der lan­de­te er im Zier­busch. Kätz­chen war­te­te. Und tat­säch­lich, da kam der Ball auch schon wie­der zurück. Sie fing ihn auf und warf ihn gleich wie­der nach dem Zier­busch. Und wie­der kam der Ball zurück.
Da nahm sie den Ball unter den Arm und lief damit hin­ter den Busch. Aber hin­ter dem Busch war nie­mand. Sie lief ein­mal um den Busch her­um, und gera­de, als sie um die Ecke bog, sah sie hin­ter dem Busch ein brau­nes Wuschel­fell ver­schwin­den. Na war­te! dach­te sie, dreh­te um, lief in die Gegen­rich­tung und stieß vor dem Zier­busch mit einem klei­nen Bären zusam­men.
„He, wer bist denn du?“
„Wer ich bin? Mach die Augen auf! Wen siehst du?“
„Einen Kuschel­bä­ren.“
„Genau. Und wer bist du?“
„Ich bin das Kätz­chen. Wol­len wir zusam­men Ball spie­len?“
Der Kuschel­bär nick­te und sie spiel­ten fast bis zum Dun­kel­wer­den. Da sag­te das Kätz­chen: „Ich muss nach Hau­se. Gleich kommt mei­ne Mama. Wol­len wir uns wie­der tref­fen?“
Kuschel­bär nick­te.
„Wohnst du auch hier?“
Kuschel­bär schüt­tel­te den Kopf.
„Wo wohnst du dann?“
„Sach­sen­stra­ße 33.“
Das merk­te sich Kätz­chen ganz genau, bevor sie Tschüß sag­te und in ihrem Häus­chen verschwand.

Am nächs­ten Tag kam Kätz­chen nach dem Mit­tag­essen mit ihrem Ball unterm Arm wie­der in die Grün­an­la­ge. Sie schau­te sich um, aber von Kuschel­bär war nichts zu sehen. Sie nahm den Ball, warf ihn am Baum­stamm vor­bei in den Zier­busch. Sie war­te­te. Aber der Ball kam nicht zurück. Sie hol­te den Ball aus dem Busch, aber auch im Busch saß kein Kuschel­bär. Da setz­te sie sich auf eine Park­bank und über­leg­te: „Wenn er nicht zu mir kommt, gehe ich zu ihm.“
Mit ihrem Ball unter dem Arm lief sie los. Es war ein wei­ter Weg bis zur Sach­sen­stra­ße und sie muss­te immer wie­der nach dem Weg fra­gen. Aber sie schaff­te es und kam schließ­lich in die Sach­sen­stra­ße. Sie brauch­te jetzt nur noch die Num­mer 33 suchen und an der Haus­tür klin­geln.
Aber als sie die Num­mer 33 ent­deck­te, bekam sie einen Schreck: Es war ein Hoch­haus mit wer weiß wie vie­len Stock­wer­ken und neben der Haus­tür war eine Plat­te mit end­los vie­len Klin­geln ange­bracht. Wo soll­te sie jetzt klin­geln? Sie hat­te doch Kuschel­bär gar nicht nach sei­nem Nach­na­men gefragt.

Rat­los stand sie vor dem Haus, da ging die Haus­tür auf und ein altes Kamel stapf­te nach drau­ßen.
Da sag­te Kätz­chen schnell.
„Ich woll­te fra­gen: Wohnt da wer,
und heißt der klei­ne Kuschel­bär?“
Das alte Kamel war so groß und Kätz­chen war so klein. Es hör­te gar nicht auf das Kätz­chen, son­dern stapf­te ein­fach an ihr vor­bei. Da schlüpf­te Kätz­chen schnell ins Haus, bevor die Haus­tür ins Schloss fiel.
Sie stand in einem Flur mit vie­len, vie­len Woh­nungs­tü­ren. Woher soll­te sie wis­sen, hin­ter wel­cher Woh­nungs­tür ihr Kuschel­bär wohn­te? „Ich wer­de an den Türen klin­geln und nach ihm fra­gen,“ dach­te sich Kätz­chen. Sie ging auf die ers­te Tür zu und drück­te auf den Klingelknopf.

Hin­ter der Tür hör­te sie lau­tes Trap­peln und eine tie­fe Stim­me sag­te:
„Jaja­ja­ja, was hör ich hier?
Es klin­gel­te an mei­ner Tür!“
Und schon ging die Tür auf und in der Woh­nungs­tür stand ein grau­haa­ri­ger Esel.
Was sag­te da das Kätz­chen?
„Ich woll­te fra­gen: Wohnt da wer,
und heißt der klei­ne Kuschel­bär?“
Der grau­haa­ri­ge Esel nick­te: „Jaja, ganz recht, ganz recht, jun­ge Frau. Jaja­ja, wie war doch gleich der Name?“
„Kuschel­bär?“
„Jaja. Kuschel­bär? Soso. Jaja­ja. Schon mal gehört, den­ke ich. Jaja­ja­ja!“
„Und wo wohnt er?“ frag­te Kätz­chen schnell.
„Jaja­ja­ja, wo wohnt er wohl? Ja, wo wohnt er denn? Nein, nein, nein. Nicht dass ich wüss­te. Scha­de, scha­de. Jaja­ja.“
„Dan­ke!“ sag­te Kätz­chen und dach­te: „Der redet nur und weiß über­haupt nichts.“
Was für ein selt­sa­mer Esel! 

Aber Kätz­chen ließ sich von dem selt­sa­men Esel nicht abschre­cken. Sie muss­te doch ihren Freund Kuschel­bär fin­den! Sie ging zur nächs­ten Tür und klin­gel­te.
Hin­ter der Tür trip­pel­ten Schrit­te und eine Stim­me sag­te:
„Wie lan­ge war­te ich schon hier?
Na end­lich klingelt’s an der Tür!“
Und schon sprang die Tür auf, eine freund­li­che dicke Kuh streck­te die Vor­der­fü­ße aus der Tür und zog Kätz­chen in die Woh­nung.
Was sag­te da das Kätz­chen?
„Ich woll­te fra­gen: Wohnt da wer,
und heißt der klei­ne Kuschel­bär?“
„Komm nur rein, mein Klei­nes!“ muh­te die Kuh und dabei leck­te sie Kätz­chen mit ihrer brei­ten Zun­ge über das Gesicht. „Wie schön, dass du bei mir vor­bei­schaust! Was darf ich dir anbie­ten? Ein Säft­chen? Kakao? Dazu ein Stück Kuchen!“
Was wie­der­hol­te da das Kätz­chen?
„Ich woll­te fra­gen: Wohnt da wer,
und heißt der klei­ne Kuschel­bär?“
„Aber Kind­chen! Was für eine Fra­ge? Bin ich viel­leicht ein Kuschel­bär? Nun, setz dich schon, mein Lie­bes! Was darf ich dir anbie­ten? Ein Säft­chen? Kakao? Dazu ein Stück Kuchen!“
„Nein dan­ke!“ rief Kätz­chen.
Ach, sie wuss­te ja auch nichts von Kuschel­bär. Kätz­chen sprang lie­ber auf und ent­wisch­te durch die offe­ne Tür.
Was für eine lie­be komi­sche Kuh! 

Aber Kätz­chen ließ sich auch von der lie­ben komi­schen Kuh nicht abschre­cken. Sie muss­te doch ihren Freund Kuschel­bär fin­den! Schon klin­gel­te sie an der nächs­ten Tür. Da quak­te es hin­ter der Tür:
„Es klin­gel­te an mei­ner Tür.
Was für ein Tier­chen kommt zu mir?“
Die Woh­nungs­tür sprang auf und wer saß in der Tür? Ein dicker grü­ner Frosch. Er glotz­te Kätz­chen aus sei­nen gro­ßen run­den Augen neu­gie­rig an.
Was sag­te da das Kätz­chen?
„Ich woll­te fra­gen: Wohnt da wer,
und heißt der klei­ne Kuschel­bär?“
„Ein wie bit­te? Ein was?“
„Ein Kuschel­bär!“
„Ein Wuschel­hä­her?“
„Nein. Ein Kuschel­bär!“
„Ach­so, ein Puschel­fähr. Nun lass mich nach­den­ken!“
„Nein. Ein Kuschel­bär!“
„Quatsch mir doch nicht immer dazwi­schen. Einen Kuschel­bär suchst du also?“
„Na end­lich!“
„Quatsch mir doch nicht immer dazwi­schen! Also einen Wasch­bä­ren, den haben wir. Einen Eis­bä­ren, den haben wir auch. Sogar einen Amei­sen­bä­ren haben wir. Aber einen Kuschel­bä­ren? Nie gehört! Nee nee, den gibt’s hier nicht!“
„Mei­ne Güte!“ stöhn­te Kätz­chen.
Was für ein umständ­li­cher Quakfrosch! 

Aber Kätz­chen ließ sich auch von dem umständ­li­chen Quack­frosch nicht abschre­cken. Sie muss­te doch ihren Freund Kuschel­bär fin­den! Schon klin­gel­te sie an der nächs­ten Tür.
Hin­ter der Tür bell­te eine Stim­me:
„Was für ein Lüm­mel wagt es hier
Und klin­gelt frech an mei­ner Tür?“
Die Tür ging einen win­zi­gen Spalt auf und was erschien im Tür­spalt? Eine Hun­de­schnau­ze, die die Zäh­ne fletsch­te: „Bet­teln und Hau­sie­ren ver­bo­ten!“ Und damit fiel die Tür wie­der zu.
Was rief da das Kätz­chen durch die Tür?
„Ich woll­te fra­gen: Wohnt da wer,
und heißt der klei­ne Kuschel­bär?“
Aber hin­ter der Tür bell­te es wei­ter: „Scham­lo­ses Gesin­del. Ken­ne eure Tricks. Vor­wän­de, nichts als Vor­wän­de, um sich Zutritt zu ver­schaf­fen!“
Was für ein miss­traui­scher alter Hund! 

Aber sie ließ sich selbst von dem miss­traui­schen alten Hund nicht abschre­cken. Sie muss­te doch ihren Freund Kuschel­bär fin­den! Sie ging zur nächs­ten Tür und klin­gel­te.
Hin­ter der nächs­ten Tür hör­te sie jemand meckern:
„Ei ei ei, wer kommt denn hier?
Wer steht da wohl vor mei­ner Tür?“
Und schon flog die Tür auf, und wer stand in der Woh­nungs­tür? Ein auf­ge­reg­ter jun­ger Zie­gen­bock.
Was sag­te da das Kätz­chen?
„Ich woll­te fra­gen: Wohnt da wer,
und heißt der klei­ne Kuschel­bär?“
„Eiei­ei­ei,“ mecker­te der Zie­gen­bock. „Bin ich dir viel­leicht nicht kusche­lig genug?“ Und damit fuhr er Kätz­chen mit sei­nem Zie­gen­bart über das Gesicht.
„Iiiih! Spinnst du!“ schimpf­te Kätz­chen und lief weg.
„Ha ha ha!“ lach­te der Zie­gen­bock mit sei­ner meckern­den Lache hin­ter ihr her.
Was für ein auf­dring­li­cher Ziegenbock! 

Aber Kätz­chen ließ sich auch von dem auf­dring­li­chen Zie­gen­bock nicht abschre­cken. Sie muss­te doch ihren Freund Kuschel­bär fin­den! Schon klin­gel­te sie an der nächs­ten Tür. 

Und was hör­te sie da hin­ter der Tür? 
Und wer öff­ne­te ihr die Woh­nungs­tür? 
Und was frag­te das Kätz­chen?
Und was ant­wor­te­ten ihr die Bewoh­ner in der Wohnungstür?

An wie vie­len Türen sie auch geklin­gelt hat­te, kei­ner wuss­te, wo ihr Freund wohn­te. Da dach­te Kätz­chen: „Es hat kei­nen Sinn! Das Haus hat zu vie­le Woh­nun­gen. Es dau­ert viel zu lan­ge, bis ich an allen Woh­nun­gen geklin­gelt habe.“ Und dar­um beschloss sie, nur noch ein letz­tes Mal zu klin­geln und danach nach Hau­se zu gehen. 

Also klin­gel­te sie noch ein­mal an der nächs­ten Tür. Hin­ter der Tür tat sich nichts, kein Geräusch, kei­ne Schrit­te, kei­ne Stim­me. „Bestimmt nie­mand zu Hau­se!“ dach­te sie und woll­te schon weg­ge­hen, da ging die Woh­nungs­tür von ganz allein auf. Aber es stand nie­mand in der Tür.
Kätz­chen blick­te in den Flur. Auch da war nie­mand zu sehen.
„Hal­lo!“ rief Kätz­chen. Nie­mand ant­wor­te­te. Auf Zehen­spit­zen schlich sie in die Woh­nung. Die Türen zu allen Zim­mern stan­den offen. Sie späh­te in ein Zim­mer nach dem ande­ren, rief in jedes Zim­mer: „Hal­lo!“ „Hal­lo!“
Aber auch da war nie­mand zu sehen und nie­mand ant­wor­te­te.
„Komisch!“ dach­te Kätz­chen. „Komisch!“
Schon woll­te sie sich über den Flur wie­der raus­schlei­chen, da hör­te sie hin­ter sich ein unter­drück­tes Kichern. Sie dreh­te sich um. Sie stand vor einem schma­len Besen­schrank. Und aus dem Schrank sprach eine Stim­me:
„Ich woll­te fra­gen: Wohnt da wer,
und heißt der klei­ne Kuschel­bär?“
Die Tür des Besen­schranks sprang auf, und wer sprang her­aus? Kuschel­bär!

End­lich hat­te Kätz­chen doch noch ihren neu­en Freund gefun­den. Und von jetzt an tra­fen sie sich immer, wenn sie konn­ten. Ent­we­der kam Kuschel­bär in die Grün­an­la­ge oder Kätz­chen kam in das Hoch­haus in der Sach­sen­stra­ße. Denn jetzt wuss­te sie ganz genau, wo sie klin­geln musste.

Die Geschich­te ver­setzt Tier­fi­gu­ren in eine ver­trau­te Alltagssituation. 

Beim Erzäh­len bekom­men die Tier­fi­gu­ren eine kenn­zeich­nen­de Hal­tung und Stim­me. Die Kin­der kön­nen die Kätz­chens Fra­ge mit­spre­chen. Die Fra­ge, wo Kätz­chen noch klin­gel­te und dabei erleb­te, kann schon nach zwei oder drei Ver­su­chen gestellt wer­den. Falls kei­ne Vor­schlä­ge kom­men, wer­den die wei­te­ren Klin­gel­ver­su­che erzählt. 

Auch beim Vor­le­sen macht man am bes­ten  vor Kätz­chen Fra­ge­for­mel eine kur­ze Pau­se, die Gele­gen­heit gibt, die For­mel gemein­sam zu spre­chen. Die Fra­ge nach wei­te­ren Klin­gel­ver­su­chen kann dann wegbleiben.