Der Schmied und der Teufel

In Russ­land soll vor Zei­ten ein Schmied gelebt haben, der sich ein Bild des Teu­fels malen ließ und es in sei­ne Schmie­de häng­te. Dar­auf war der Böse abge­bil­det, wie es sich gehört: Mit Hör­nern, Bocks­fü­ßen und einem lan­gen Schwanz. Jeden Mor­gen, wenn er die Schmie­de betrat, grüß­te er den gemal­ten Teu­fel, und ver­ab­schie­de­te sich von ihm, wenn er sie abends ver­ließ.
Als ihn sein jun­ger Soh­ne frag­te, wes­halb er die­sen häss­li­chen Kerl an der Wand hän­gen hat­te, mein­te der Schmied: „Der Teu­fel gehört genau­so zu uns wie die Engel und die Hei­li­gen, man muss auch ihm sein Recht las­sen, statt ihn zu ver­teu­feln. Ich hof­fe, du ver­stehst das, wenn du groß bist.“

Aber sein Sohn war da ganz ande­rer Ansicht. Als der alte Schmied starb und der Sohn die Schmie­de über­nahm, ver­such­te er als ers­tes das Bild abzu­hän­gen, aber das ging nicht, es kleb­te an der Wand, als wäre es ange­schmie­det. Er ver­such­te es mit dem schwe­ren Schmie­de­ham­mer zu zer­schla­gen, aber umsonst, es war, als wäre es aus Stahl gemacht. Er muss­te es hän­gen las­sen, aber wenn er dar­an vor­bei­ging, beschimpf­te er den Leib­haf­ti­gen, droh­te ihm mit dem Fin­ger, zeig­te ihm die Zun­ge und, war er schlech­ter Lau­ne, bespuck­te er ihn sogar.

Wem das gar nicht gefiel, war der Teu­fel. Der schau­te sich das eine Zeit lang an, dann beschloss er, dem bigot­ten Kerl eine Lek­ti­on zu ver­pas­sen. Dafür ver­wan­del­te er sich in einen Schmie­de­knecht und sprach bei dem Schmied vor: „He Meis­ter, kannst du nicht einen Knecht brau­chen?“
Der Schmied war nicht abge­neigt: „Eigent­lich schon. Arbeit gibt’s genug. Aber zeig erst ein­mal, was du kannst!“ Er schau­te ihm über die Schul­ter und bemerk­te gleich, dass der mehr zustan­de brach­te als er selbst, und stell­te ihn ein. Der neue Knecht war nicht nur geschickt, er arbei­te­te auch für drei. Der Meis­ter blieb immer öfter zu Hau­se und über­ließ alle Arbeit sei­nem arbeit­sa­men Knecht.

Eines Tages, als der Schmie­de­knecht wie­der allein in der Schmie­de arbei­te­te, fuhr drau­ßen die Frau des Guts­be­sit­zers vor­bei. Der Knecht trat vor die Tür und rief: „Hört, Leu­te, hört! Hier wird altes Eisen zu neu­en Werk­zeu­gen geschmie­det und alte Men­schen wer­den zu jun­gen gemacht.“
Kaum hat­te das die Guts­her­rin gehört, eine gebrech­li­che Alte von 70 Jah­ren, ließ sie sofort anhal­ten und frag­te: „Was hab ich da gehört? Hast du gesagt, du wür­dest Alte jung schmie­den?“
„Ganz rich­tig, gnä­di­ge Frau. Und was ich gesagt habe, das hal­te ich auch!“
„Und was ver­langst du dafür?“
„Beschei­de­ne 500 Rubel. Und ein Schaff voll Milch.“

Auf der Stel­le drück­te ihm die Alte das Geld in die Hand und schick­te den Kut­scher, das Schaff Milch zu holen.
Kaum stand das in der Schmie­de, ver­lang­te die Guts­her­rin: „Jetzt mach mich wie­der jung!“
Der Knecht for­der­te die Guts­her­rin auf, sich aus­zie­hen. Sie zier­te sich noch ein wenig, sich nackt vor einem Schmie­de­knecht zu zei­gen, aber schließ­lich sieg­te der Wunsch wie­der jung zu wer­den.
Der Knecht pack­te sie mit zwei Schmie­de­zan­gen an den Füßen und warf sie auf die Esse, wo sie bis auf die Kno­chen ver­brann­te. Dann sam­mel­te er die Kno­chen der Gnä­di­gen, warf sie nach­läs­sig in das Milch­schaff. Die Ober­flä­che der Milch begann sich zu kräu­seln, schließ­lich schäum­te sie auf wie beim Auf­ko­chen von Milch und dem Milch­schaum ent­stieg die Guts­be­sit­ze­rin, als wäre sie gera­de zwan­zig gewor­den.
Als sie nach Hau­se kam, starr­te sie der alte Guts­herr fas­sungs­los an. „Glotz mich nicht an!“ fuhr sie ihn an. „Jawohl. Ich bin dei­ne Frau. Ich hab mich in der Schmie­de ver­jün­gen las­sen.“ Und als der gute Mann noch ver­wirr­ter drein­schau­te: „Glaub bloß nicht, dass ich mich mit dir altem Kna­cker zufrie­den gebe. Ent­we­der du lässt dich auch in der Schmie­de ver­jün­gen oder ich suche mir einen andern.“ Der alte Herr schüt­tel­te nur den Kopf, aber da war nichts zu machen, er muss­te sich zur Schmie­de kut­schie­ren lassen.

Dort hat­te der Meis­ter inzwi­schen nur kurz mal vor­bei­schau­en wol­len, um nach dem Rech­ten zu sehen, hat­te sei­nen Knecht aber nicht ange­trof­fen. Er such­te ihn, frag­te die Nach­barn rings her­um, aber nie­mand wuss­te, wo er geblie­ben war. Also mach­te er sich eben wie­der selbst an die Arbeit.
Wäh­rend er han­tiert, kommt der Guts­herr in die Werk­statt. Der Schmied macht drei Bück­lin­ge und fragt, was der Gnä­di­ge wohl wün­sche. Und was hört er? „Mach mich wie­der jung!“
„Wie bit­te? Jung machen? Wie soll das gehen?“
„Was weiß ich! Das wirst du bes­ser wis­sen.“
Der Schmied schüt­tel­te nur den Kopf. Der Alte muss wohl ver­rückt gewor­den sein. „Ich bedau­re! Das steht nicht in mei­ner Macht.“
„Wie bit­te? Mei­ne Alte hast du jung gemacht und wei­gerst dich, das auch mit mir zu machen. Muss ich erst mei­ne Knech­te holen, um dir die Rute über den Arsch zu zie­hen?“
Jetzt schwan­te dem Schmied, dass da sein Knecht im Spiel war. Der wüten­de Guts­herr konn­te sehr unge­müt­lich wer­den. „Na schön,“ gab der Schmied nach. „Aus­nahms­wei­se, weil Ihr es seid, gnä­di­ger Herr.“
Aber er hat­te doch kei­ne Ahnung, was er mit dem Alten anstel­len soll­te. Des­we­gen flüs­ter­te er mit dem Kut­scher, was der Knecht mit der Alten getrie­ben habe.
„Naja“, mein­te der Kut­scher, „erst muss­te sich die Gnä­di­ge split­ter­nackt aus­zie­hen, dann hat er sie in die glü­hen­de Esse beför­dert, danach die Kno­chen in die Milch gewor­fen und dann kam die Alte wie ein jun­ges Mäd­chen aus der Milch raus.“
Hört sich nicht so schwie­rig an, dach­te der Schmied, kann ich ja auch mal pro­bie­ren. Also pack­te er den nack­ten Guts­herrn mit den Schmie­de­zan­gen an den Füßen, warf ihn in die Esse, wo er bis auf die Kno­chen ver­brann­te, dann warf er die Kno­chen in die Milch und war­te­te gespannt, was pas­sier­te. Aber es pas­sier­te sag­te nichts. Nach­dem sich die Milch über den Kno­chen geschlos­sen hat­te, lag sie glatt im Schaff, von einem jun­gen Herrn war nichts zu sehen.

Inzwi­schen stürm­te die jun­ge Guts­her­rin in die Schmie­de, die es nicht erwar­ten konn­te, ihren ver­jüng­ten Mann in die Arme zu schlie­ßen und rief: „Wo ist er? Hast du ihn schon jung gemacht?“
Was soll­te der Schmied dar­auf sagen? Erst sag­te er gar nichts, dann mur­mel­te er nur: „Scheint wohl dane­ben gegan­gen zu sein.“
„Soll das hei­ßen, du hast ihn umge­bracht? Das ist Mord! Das wirst du mir büßen.“
Sie ließ den Schmied durch ihre Knech­te vor den Rich­ter schlep­pen, der ihn auch auf der Stel­le zum Tod am Gal­gen ver­ur­teil­te. Das sprach sich her­um und schließ­lich beglei­te­te das gan­ze Dorf den Ver­ur­teil­ten auf dem Weg zum Richt­platz.

Plötz­lich tauch­te der Schmie­de­knecht neben sei­nem Meis­ter auf und frag­te mit Unschulds­mie­ne: „Was ist denn hier los? Wo zieht ihr denn mit den Leu­ten hin?“
Der Schmied frag­te nur auf­ge­regt zurück: „Was hast du mit der Guts­her­rin ange­stellt? Hast du sie wirk­lich jung gemacht?“
Der Knecht mein­te nur: „Na und?“
„Na und!“ keuch­te der Schmied. „Ich habe das mit dem Alten ver­sucht, aber das hat der nicht über­lebt. Dafür soll ich jetzt an den Gal­gen.“
Dar­auf der Knecht: „Vor dem Gal­gen kann ich dich ret­ten. Aber nur wenn du mir schwörst, mich in Zukunft zu ehren, wie das dein Vater getan hat.“ Und dabei zog er ein Hosen­bein hoch, unter dem ein Bocks­fuß erschien. Da wuss­te der Schmied Bescheid und nick­te nur.
Der teuf­li­sche Schmie­de­knecht aber rief: „Halt, Leu­te, halt! Das ist nur ein Miss­ver­ständ­nis. Der Gnä­di­ge lebt. Kommt nur mit mir!“
Dar­auf­hin lie­fen sie alle zur Schmie­de, der Knecht fisch­te die rußi­gen Kno­chen des alten Her­ren aus der Milch, zeig­te sie den Leu­ten, dann warf er sie wie­der hin­ein. Die Ober­flä­che der Milch begann sich zu kräu­seln, schließ­lich schäum­te sie auf wie beim Auf­ko­chen von Milch und dem Milch­schaum ent­stieg der Guts­be­sit­zer, als wäre er gera­de zwan­zig gewor­den.

Der Schmied hielt Wort: Von die­sem Tag an grüß­te er den gemal­ten Teu­fel, sobald  er die Schmie­de betrat, und ver­ab­schie­de­te sich von ihm, wenn er sie abends ver­ließ, genau­so, wie es sein Vater getan hat­te. Sein Knecht blieb zwar ver­schwun­den, das Schmie­den muss­te er wie­der allein machen, aber es glück­te ihm alles, was er anfass­te.
Und was wur­de aus dem glück­li­chen jun­gen Paar? Sie ver­brach­ten sicher noch vie­le Jah­re mit­ein­an­der und, falls sie noch nicht gestor­ben sind, haben sie sich wohl noch öfter ver­jün­gen lassen.

Nach dem gleich­na­mi­gen Mär­chen aus Afa­nas­jews Samm­lung rus­si­scher Märchen.

Anders als sonst in der Volks­li­te­ra­tur (der christ­lich gepräg­ten, aber auch der aus isla­mi­schen Län­dern) üblich, in der er wahr­haft ver­teu­felt oder als Dumm­kopf lis­tig hin­ter­gan­gen wird, zeich­net die­ses Mär­chen ein recht posi­ti­ves Bild des „Gott­sei­bei­uns“ und ver­steht ihn als einen not­wen­di­gen und anzu­er­ken­nen­den Teil mensch­li­chen Lebens.