Johan­nes Merkel

Ich wer­de in einem ein­füh­ren­den Abschnitt Anmer­kun­gen dazu machen, was an Sprach­fä­hig­kei­ten durch För­de­rung unter­stützt wer­den soll­te, danach mich mit dem eigent­li­chen The­ma beschäf­ti­gen, inwie­fern For­men des Spie­lens und Erzäh­lens die Sprach­be­herr­schung von Kin­dern för­dern können.

1. Grundsätzliche Bemerkungen zur Sprachförderung:

Arti­ku­la­ti­on

Grund­la­ge aller sprach­li­chen Ver­stän­di­gung ist eine kla­re und ver­ständ­li­che Arti­ku­la­ti­on. Um im fort­lau­fen­den Fluss sprach­li­cher Lau­te Bedeu­tung tra­gen­de Ein­hei­ten erken­nen und bil­den zu kön­nen, müs­sen rhyth­mi­sche Struk­tu­ren zugrun­de gelegt wer­den, die die Laut­fol­gen zusam­men­zu­fas­sen erlau­ben um ihre Bedeu­tung dar­aus zu ent­neh­men. Die För­de­rung rhyth­mi­scher Bewe­gung und des Gefühls für musi­ka­li­sche Rhyth­men unter­stüt­zen des­halb gene­rell die Wahr­neh­mung und Arti­ku­la­ti­on sprach­li­cher Laute.

Die Arti­ku­la­ti­on ist dabei nicht nur für die ver­ständ­li­che Aus­spra­che von Bedeu­tung, son­dern zugleich für das Ver­ste­hen von Sprach­äu­ße­run­gen, weil mit der ange­mes­se­nen Arti­ku­la­ti­on auch die genaue Unter­schei­dung von Sprach­lau­ten, also das Hör­ver­ste­hen, geför­dert wird. Spie­len und Erzäh­len zwin­gen zu deut­li­chem und arti­ku­lier­tem Spre­chen, da der Spre­chen­de ja spricht um von einer Grup­pe ver­stan­den zu werden.

Dass bei jeder Art von Spie­len und Erzäh­len vor Publi­kum Aus­spra­che und sprach­li­che Arti­ku­la­ti­on geübt und damit geför­dert wird, ver­steht sich von selbst, dar­über muss man vor Thea­ter­päd­ago­gen nicht reden. Ich wer­de mich im Fol­gen­den also nicht wei­ter mit Arti­ku­la­ti­on und Lau­t­ent­wick­lung beschäf­ti­gen, son­dern mich mit Berei­chen beschäf­ti­gen, die Thea­ter­päd­ago­gen und Erzäh­lern weni­ger selbst­ver­ständ­lich sein dürften.

Wort­schatz

Ein Bereich, auf den die päd­ago­gi­sche Sprach­för­de­rung gro­ßen Wert legt, ist Umfang und Dif­fe­ren­zie­rung des Wort­schat­zes. Das liegt zu einem Teil auch dar­an, dass man in För­der­kur­sen Wort­schatz­er­wei­te­rung rela­tiv gut und erfolg­reich betrei­ben kann. Aller­dings zeig­te sich, dass bekann­te Wort­be­zeich­nun­gen von Kin­dern auch wie­der rasch ver­lernt wer­den, wenn sie für eige­ne Sprach­äu­ße­run­gen nicht benutzt werden.

Bezo­gen auf Kin­der im Vor­schul- und Grund­schul­al­ter stellt Umfang und Erwei­te­rung des ver­füg­ba­ren Wort­schat­zes aber nicht das dring­lichs­te Pro­blem der Sprach­er­zie­hung dar. Zwar braucht man einen aus­rei­chen­den Grund­wort­schatz, um sich sprach­lich aus­drü­cken zu kön­nen, und vor allem für das Schrei­ben wird ein dif­fe­ren­zier­ter Wort­schatz erfor­der­lich. Aber Wör­ter wer­den lebens­lang wei­ter gelernt und dar­über der eige­ne Wort­schatz stän­dig erwei­tert. Die Wort­schatz­er­wei­te­rung ist also nicht an bestimm­te Alters­pha­sen gebun­den. Die­se Abhän­gig­keit von einer Zeit­span­ne, in der grund­le­gen­de Kennt­nis­se erwor­ben wer­den müs­sen, gilt jedoch für die gram­ma­ti­schen Regeln.

Gram­ma­tik:

Das kar­di­na­le Pro­blem des Sprach­er­werbs liegt des­halb in der Über­nah­me und dem Gebrauch der gram­ma­ti­schen Verknüpfungsregeln.

Beim Erst­sprach­er­werb begin­nen Kin­der, schon wenn sie sich etwa 50 Wör­ter ange­eig­net haben, die­se Wör­ter nach ein­fa­chen Ver­knüp­fungs­re­geln zu ver­bin­den, die sie auf­grund der Reak­ti­on ihrer Umwelt all­mäh­lich an die Regeln ihrer Mut­ter­spra­che anpas­sen. Nach dem sel­ben Ver­fah­ren wer­den von Kin­dern auch die Regeln der Zweit­spra­che erworben.

Das Pro­blem dabei ist: Kin­dern kann man gram­ma­ti­sche Regeln nicht erklä­ren, wie wir das aus dem Fremd­spra­chen­un­ter­richt ken­nen. Der gro­ße Vor­teil: Sie haben bis etwa zum 8. oder 10. Lebens­jahr die Fähig­keit, die­se Regeln intui­tiv im Umgang mit ihrer Umge­bung zu über­neh­men. Die­ses „Zeit­fens­ter“ schließt sich aber, so weit sich das in die­ser All­ge­mein­gül­tig­keit fest­stel­len lässt, spä­tes­tens mit dem 12. Lebensjahr.

Kin­der eig­nen sich die gram­ma­ti­schen Ver­knüp­fungs­re­geln selbst­tä­tig an, indem sie Han­deln und die zuge­ord­ne­ten Sprach­äu­ße­run­gen ver­glei­chen, dar­aus Regeln ablei­ten, die im Sin­ne der nor­ma­len Sprach­ver­wen­dung häu­fig falsch sind, aber über den Umgang mit ver­sier­ten Spre­chern all­mäh­lich an die sprach­li­chen Nor­men ange­passt wer­den. Ein­ge­präg­te Sät­ze wer­den dabei als Satz­vor­la­gen genutzt, die man vari­iert selbst anwendet.

Dar­in sind Kin­der sehr erfin­dungs­reich. Zum Bei­spiel berich­te­te mir eine Leh­re­rin, die soge­nann­te „Sei­ten­ein­stei­ger“, also Schü­ler ohne Vor­kennt­nis­se im Deut­schen unter­rich­tet, dass die Kin­der, nach­dem sie „Ich bin“ gelernt hat­ten, nun began­nen alle mög­li­chen Sät­ze mit „Ich bin“ zu bil­den. „Ich bin ges­tern fern­se­hen“. „Ich bin mor­gen nicht Schu­le“ usw. Den Kin­dern ermög­licht die­ses Ver­fah­ren, beim Erst­sprach­er­werb eben­so wie beim Zweit­sprach­er­werb, sich schon mit beschei­de­nen Kennt­nis­sen recht geschickt mitzuteilen.

Die­se Wei­se einer selbst­tä­ti­gen Sprach­an­eig­nung, wie sie beim Erst­sprach­er­werb selbst­ver­ständ­lich erscheint, funk­tio­niert aber nur, wenn die Vor­aus­set­zun­gen stimmen.

  • Die Grund­la­ge des Ler­nens ist eine inten­si­ve Bezie­hung, die aller­dings in päd­ago­gi­schen Ein­rich­tun­gen nie so inten­siv sein kann, wie in dem nor­ma­len Lebens­um­feld des Kindes.
  • Zwei­tens muss das ler­nen­de Kind inter­es­siert sein, sich mit­tei­len zu wol­len. Die Moti­va­ti­on hängt neben der Bezie­hung zu den Gesprächs­part­nern auch von den Tätig­kei­ten ab, die sprach­li­che Ver­stän­di­gung ver­lan­gen sowie vom Inhalt des Sprach­ma­te­ri­als, das dafür benutzt wird. Das Spre­chen muss aus der Sicht des Kin­des Sinn und Spaß machen.
  • Schließ­lich spielt auch das Aus­maß der sprach­li­chen Anre­gung eine ent­schei­den­de Rol­le. Für den „unge­steu­er­ten“ Zweit­sprach­er­werb wird als unte­re Gren­ze ein Drit­tel der wachen Tages­zeit des Kin­des ange­ge­ben, in der es mit kom­pe­ten­ten Spre­chern der Zweit­spra­che kon­fron­tiert sein muss.

Für die Sprach­er­zie­hung ergibt sich hier ein gro­ßes Pro­blem: Wie kann man in insti­tu­tio­nel­len Zusam­men­hän­gen die­ses spon­ta­ne Sprach­ler­nen unter­stüt­zen? Unter wel­chen Vor­aus­set­zun­gen kann der „unge­steu­er­te Sprach­er­werb“ durch Maß­nah­men und Unter­richts­wei­sen ge- und beför­dert wer­den? Das ist in der Sprach­för­de­rung des Kin­der­gar­tens und auch in der Didak­tik des Deutsch­un­ter­richts der Grund­schu­le eigent­lich eine unge­lös­te Frage.

Prin­zip Spre­chen und Bewegung:

Dazu kommt ein wei­te­rer, sehr wich­ti­ger Gesichts­punkt: Die­ses intui­ti­ve Sprach­ler­nen erfolgt im Kon­text von Hand­lun­gen. Spra­che wird in den frü­hen Pha­sen des Sprach­er­werbs erfah­ren und gebraucht als Wei­ter­füh­rung und Dif­fe­ren­zie­rung von Hand­lun­gen. Wenn der Ted­dy, den es haben möch­te, im Regal zwi­schen ande­ren Spiel­sa­chen liegt und sei­ne Hän­de nicht hin­auf­rei­chen, kann das Kind auf ihn deu­ten. Ein­fa­che Ges­ten wer­den ja schon vor dem Spre­chen über­nom­men und zur Ver­stän­di­gung benutzt. Aber mit dem Deu­ten ist das nicht so ein­fach: Neben dem Ted­dy lie­gen alle mög­li­chen ande­ren Spie­l­uten­si­li­en. „Was willst du denn jetzt eigent­lich?“ wird das Kind hören. Sobald es „Ted­dy“ sagen kann, ist es aus dem Schnei­der. Das ist es, was Spre­chen so attrak­tiv macht. Spra­che ver­leiht Zau­ber­hän­de, die wei­ter rei­chen als Grei­fen und Deuten.

Die­ser Zusam­men­hang von Han­deln und Spre­chen wird nach mei­ner Mei­nung viel zu wenig beach­tet. Kein Kind wür­de spre­chen ler­nen, wenn Spra­che nicht erlau­ben wür­de, im Umgang mit ande­ren Men­schen und im Han­tie­ren mit Gegen­stän­den die eige­nen Zie­le und Wün­sche bes­ser und genau­er zu errei­chen. Alles Han­deln ist, jeden­falls in die­sem Alter, immer ver­bun­den mit kör­per­li­cher Bewe­gung. Die sprach­li­che Äuße­rung erfolgt aus der Bewe­gung her­aus und stellt eine Fort­füh­rung der han­deln­den Bewe­gung dar. Umge­kehrt kön­nen Sie an Kin­dern beob­ach­ten, dass sie in Bewe­gung gehen, ehe sie zum Spre­chen ansetzen.

Die­se Ver­bin­dung von Sprach­äu­ße­rung und Kör­per­be­we­gung ermög­licht beim Erst­sprach­er­werb über­haupt Bedeu­tun­gen zu erken­nen und Hand­lun­gen zuzu­ord­nen. Spä­ter erleich­tert sie das Ver­ste­hen, weil die Äuße­rung in einem Hand­lungs­kon­text steht, auf den sie sich bezieht. Und die eige­ne sprach­li­che Äuße­rung ent­steht wie­der­um aus der han­deln­den Bewe­gung her­aus, mit der sie ver­bun­den bleibt.

In den Kon­zep­ten der Sprach­för­de­rung scheint mir die­ses Grund­prin­zip zu wenig beach­tet: Die meis­ten För­der­pro­gram­me arbei­ten mit Bild­ma­te­ri­al, über das gespro­chen wird. Bil­der erzeu­gen zwar die Vor­stel­lung von Bewe­gun­gen, aber die Bild­be­trach­tung pro­vo­ziert die Bewe­gung nicht. Beim Bild­be­trach­ten wer­den nur die Augen akti­viert, nicht der gan­ze Körper.

Text­ver­ständ­nis

Die­se grund­le­gen­den Ele­men­te sprach­li­cher Mit­tei­lung (Arti­ku­la­ti­on – Wort­schatz – Gram­ma­ti­sche Regeln) wer­den im han­deln­den Spre­chen mit den Bezugs­per­so­nen aus­ge­bil­det und unter guten Umstän­den immer ange­mes­se­ner gehand­habt. In den Jah­ren, in denen Kin­der den Kin­der­gar­ten besu­chen, wird das Spre­chen im Gespräch ergänzt und erwei­tert durch eine neue Wei­se der Sprachverwendung.

Die Mut­ter­spra­che über­neh­men Kin­der im Rah­men von Gesprä­chen, also im leben­di­gen Umgang mit den Bezugs­per­so­nen. Spre­chen ist dabei immer unmit­tel­ba­rer Aus­tausch und das Spre­chen bezieht sich auf das gemein­sa­me Han­deln. Die Dia­log­bei­trä­ge sind meist recht kurz und stets auf die Hand­lungs­wei­se bezo­gen. Schon mit dem Rol­len­spiel, dann noch ent­schie­de­ner in Erzäh­lun­gen geht es um das sprach­li­che Nach­stel­len von Hand­lun­gen, die nicht hier und jetzt statt­fin­den, son­dern dort und damals. Und sprach­lich geht es nicht mehr um kur­ze Dia­log­bei­trä­ge, son­dern um län­ge­re in sich geschlos­se­ne sprach­li­che Äuße­run­gen, es geht um Tex­te und das Ver­ste­hen von Tex­ten. Text­ver­ste­hen begrün­det aber wie­der­um die soge­nann­te „Lite­ra­li­tät“, stellt also eine Vor­aus­set­zung für den Erwerb von Schrift­lich­keit dar.

Der Unter­schied zum Schrei­ben jedoch ist, dass beim Spie­len und Erzäh­len Spra­che wei­ter mit kör­per­li­cher Bewe­gung ver­bun­den bleibt: Es sind aber jetzt nicht mehr die „ernst­haf­ten“ Hand­lun­gen, durch die Zie­le erreicht wer­den sol­len, son­dern stell­ver­tre­ten­de Hand­lun­gen: Eben das Nach­stel­len von Hand­lun­gen durch dar­stel­len­des Spiel und Ges­ten. Es sind sym­bo­li­sier­te Hand­lun­gen. Aber die Tat­sa­che, dass das Spre­chen wei­ter mit kör­per­li­cher Bewe­gung ver­bun­den bleibt, macht die sprach­li­che Äuße­rung ver­ständ­li­cher und erleich­tert die eige­ne Äuße­rung gegen­über dem Schrei­ben, bei dem die Schrei­ben­den auf die sprach­li­che For­mu­lie­rung beschränkt sind.

Sym­bo­li­sches Handeln

Was folgt dar­aus für die Sprach­för­de­rung? Für den grund­sätz­li­chen Sprach­er­werb bedeu­tet es, dass gemein­sa­mes Han­deln und Han­tie­ren die grund­le­gen­den Sprech­fä­hig­kei­ten und die Beherr­schung der sprach­li­chen Regeln am bes­ten zu för­dern ver­mag. Dass ande­rer­seits das Text­ver­ständ­nis als die ent­schei­den­de Fort­set­zung des dia­lo­gi­schen Spre­chens über For­men des Spie­lens und Erzäh­lens wahr­ge­nom­men und über­nom­men wird.

Aller­dings hängt eine auf gemein­sa­mes Han­deln auf­bau­en­de Sprach­er­zie­hung davon ab, ob in der gege­be­nen Situa­ti­on in die­ser all­täg­li­chen Wei­se gehan­delt wer­den kann. Im Kin­der­gar­ten ist das sicher weit­ge­hend mög­lich und erlaubt eigent­lich, sofern sie gewollt wird, eine Sprach­för­de­rung, die sich im gemein­sa­men Han­deln und Spre­chen ent­wi­ckelt. Sie muss aller­dings ergänzt wer­den durch eine auf Spie­len und Erzäh­len beru­hen­de Sprach­ver­wen­dung, die das Text­ver­ste­hen anregt.

In der Schu­le liegt die Sache etwas anders: Unse­re Schu­len sind, von den weni­gen mit Pro­jekt­un­ter­richt arbei­ten­den Reform­an­sät­zen abge­se­hen, Ein­rich­tun­gen, in denen man stets mit und über Sym­bo­le ope­riert. Aber selbst kon­se­quen­ter hand­lungs­ori­en­tier­ter Unter­richt wür­de kaum in der Lage sein, alle als not­wen­dig erach­te­ten Kennt­nis­se und Fähig­kei­ten aus­schließ­lich durch das Han­deln in Rah­men von Pro­jekt­ak­ti­vi­tä­ten zu vermitteln.

In der Schu­le lernt man bekannt­lich „für das Leben“. Das heißt Wis­sen und Zusam­men­hän­ge wer­den in stell­ver­tre­ten­den, also eben in „sym­bo­li­schen“ For­men ver­mit­telt, um sie Jah­re spä­ter für das eige­ne Han­deln nut­zen zu kön­nen. Schu­le ist ein „sym­bo­li­scher Raum“. Des­halb hat Sprach­för­de­rung durch Spie­len und Erzäh­len, die bei­de mit stell­ver­tre­ten­den Hand­lun­gen arbei­ten, hier einen beson­de­ren Stellenwert.

2. Sprachförderung durch Spielen und Erzählen

Wel­che Mög­lich­kei­ten bie­ten nun Spie­len und Erzäh­len für die Sprach­er­zie­hung im all­ge­mei­nen und die För­de­rung einer dif­fe­ren­zier­ten Sprachbeherrschung?

2.1. Rollenspiel

Ich bemerk­te bereits, dass mit dem Rol­len­spiel eine ande­re Wei­se der Sprach­ver­wen­dung aus­ge­bil­det wird. Der ent­schei­den­de Schritt, der die­se Rede­wei­sen vom zwi­schen­mensch­li­chen Spre­chen trennt, ist ihre Ablö­sung vom Hand­lungs­kon­text von Spre­chern und Hörern.

Die­ser Schritt wird erst­mals in den frü­hen For­men des Rol­len­spiels gemacht, indem die Spie­len­den eine Spiel­hand­lung abspre­chen, sie dann stell­ver­tre­tend in ange­nom­me­nen Rol­len dar­stel­len um wie­der ins Gespräch zurück­zu­keh­ren und neue Abspra­chen zu tref­fen. Mit der abge­spro­che­nen Situa­ti­on tre­ten sie aus ihrer gegen­wär­ti­gen Hand­lungs­si­tua­ti­on her­aus um die davon abwei­chen­den, gemein­sam ver­ein­bar­ten Hand­lungs­si­tua­tio­nen dar­zu­stel­len. Das heißt aber, dass Situa­tio­nen und Rol­len in und über sprach­li­che Fest­le­gun­gen erzeugt wer­den. Über die sprach­li­che Abma­chung kon­stru­ie­ren sie eine eigen­stän­di­ge Spiel­hand­lung, die die aktu­el­le Hand­lungs­si­tua­ti­on tran­szen­diert. Der aktu­el­le Hand­lungs­kon­text wird dabei zeit­wei­lig ver­las­sen um aus dem fik­ti­ven Hand­lungs­kon­text der Rol­len her­aus zu sprechen.

Zwi­schen den Spiel­sze­nen wird jeweils eine neue Hand­lung abge­spro­chen. Aller­dings wird immer nur die nächs­te Spiel­sze­ne bespro­chen oder auch ein­fach von einem Spie­ler ange­spielt, die Mit­spie­len­den stei­gen dann dar­auf ein und reagie­ren dar­auf. Die län­ge­re Hand­lungs­per­spek­ti­ve, das heißt der Ablauf der gesam­ten Spiel­hand­lung bleibt offen, kann von Sze­ne zu Sze­ne in gemein­sa­mer Abspra­che geän­dert wer­den und bricht oft auch ganz zusammen.

Die ver­ein­bar­ten Spiel­hand­lun­gen und die im Spiel gemach­ten Äuße­run­gen wer­den glei­cher­ma­ßen von den Gege­ben­hei­ten des Mate­ri­als, mit denen Situa­tio­nen und Hand­lun­gen stell­ver­tre­tend aus­ge­führt wer­den, sowie schließ­lich den Rede­bei­trä­gen der Mit­spie­ler, auf die sie wie­der­um reagie­ren, bestimmt. Spie­len klei­ne­re Kin­der zunächst vor allem in ihrer Umge­bung beob­ach­te­te sozia­le Hand­lungs­wei­sen nach, nähern sich die Spie­le spä­ter immer mehr erzäh­len­den For­men an. Münd­li­che, vor­ge­le­se­ne oder media­le Erzäh­lun­gen lie­fern dabei häu­fig Vor­la­gen für Rol­len­spie­le und damit zugleich neue anre­gen­de Sprachvorbilder.

Die­se wich­ti­ge und für Text­ver­ständ­nis und Schrei­ben grund­le­gen­de Fähig­keit ent­wi­ckeln Kin­der in einem recht frü­hen Alter, längst bevor sie in die Schu­le kom­men. Auch sie ergibt sich jedoch kei­nes­wegs von selbst, sie wird von Kin­dern auch nicht selb­stän­dig ent­deckt und prak­ti­ziert, son­dern je nach Anre­gung durch die Umwelt sehr unter­schied­lich aus­ge­bil­det. Im all­ge­mei­nen sind es älte­re Kin­der, denen die­se Spiel- und die damit ver­bun­de­nen Sprech­wei­sen abge­schaut werden.

Zum Sprach­ma­te­ri­al für die Rollengestaltung

Das sprach­li­che Mate­ri­al für die Rol­len­ge­stal­tung ent­neh­men die spie­len­den Kin­der Vor­la­gen, die sie aus ihrer Umge­bung oder aus Medi­en kennen.

In den Rol­len spre­chen die Spie­ler ja nicht, wie sie im han­deln­den Umgang mit Kin­dern oder Erwach­se­nen spre­chen wür­den. Indem Kin­der eine Rol­le über­neh­men, ver­su­chen sie auch eine Spra­che zu spre­chen, die die­se Rol­le kenn­zeich­net. Sobald sie ins Spiel ein­tre­ten, spre­chen sie aus den ange­nom­me­nen Rol­len her­aus und müs­sen dafür einen ihrer Rol­le ange­mes­se­nen Sprach­duk­tus schaf­fen, d.h. nicht mehr als die Per­son spre­chen, die sie sind, son­dern mit den ange­nom­me­nen Rol­len einen frem­den Sprach­duk­tus zu rea­li­sie­ren suchen. Sie ver­su­chen sozu­sa­gen im frem­den Gewand zu spre­chen, und mit der Rol­le wird auch deren Spra­che über­nom­men, jeden­falls soweit sie dazu pas­sen­des Sprach­ma­te­ri­al haben. Die Spie­len­den erwei­tern damit ihr sprach­li­ches Reper­toire. Die­ses impro­vi­sier­te Spre­chen erfolgt aus der Bewe­gung her­aus, die die­se Rol­le kenn­zeich­net. Sprach­för­dernd sind des­halb beson­ders die Spie­le, die Kin­der mit erfah­re­nen Spre­chern spie­len, deren Sprech­wei­se und For­mu­lie­run­gen sie sich rasch aneig­nen und für zukünf­ti­ge Spie­le verwenden.

Päd­ago­gen kön­nen die­se Spie­le im Sin­ne der Sprach­för­de­rung berei­chern, indem sie mit­spie­len und dann als Mit­spie­ler durch­ge­hen­de Hand­lungs­strän­ge vor­schla­gen, sowie für die Rol­len brauch­ba­res Sprach­ma­te­ri­al vor­ge­ben. Das ist eine Wei­se der Sprach­för­de­rung, die wenig genutzt wird.

Ange­lei­te­tes Rollenspiel

Wenn in didak­ti­schen Hand­bü­chern von Rol­len­spiel gespro­chen wird, ist damit meist eine Spiel­form gemeint, die das Schü­ler­ver­hal­ten in sozia­len Situa­tio­nen erpro­ben und dar­über auf den „Ernst­fall“ im sozia­len Umgang vor­be­rei­ten soll. Gemeint ist also das soge­nann­te „ange­lei­te­te Rol­len­spiel“, bei dem ein Spiel­lei­ter ent­we­der sozia­le Situa­tio­nen oder auch dazu gehö­ren­de Rol­len vor­gibt und die Spie­len­den dann die­se Vor­ga­ben aus­zu­fül­len ver­su­chen. Das Ergeb­nis ihres Spiels soll danach dis­ku­tiert, bewer­tet und unter Umstän­den in einem wei­te­ren Durch­gang ver­än­dert wer­den, mit der Absicht, das im Spiel erwor­be­ne ver­än­der­te Rol­len­ver­ständ­nis und Rol­len­ver­hal­ten auf den sozia­len Umgang zu übertragen.

Die­se Spiel­wei­se setzt auf ein beträcht­li­ches kogni­ti­ves Durch­drin­gen des gespiel­ten Ver­hal­tens, hat sich des­halb wohl in der Jugend- und Erwach­se­nen­bil­dung bewährt, eig­net sich aber kaum für Kin­der in Kin­der­gar­ten und Grund­schu­le. Es kann in die­ser Alters­grup­pe allen­falls im Ansatz zur Kon­flikt­lö­sung prak­ti­ziert wer­den, um die Sprach­lo­sig­keit zwi­schen den Kon­tra­hen­ten aufzulösen.

2.2. Erzählen

Wenn ich von Erzäh­len rede, mei­ne ich damit das leben­di­ge, von Ges­ten und Spiel beglei­te­te Erzäh­len vor Zuhö­rern, die eigent­lich Zuschau­er sind.

Etwa zwi­schen dem vier­ten und zehn­ten Lebens­jahr sind Kin­der in einem wah­ren „Erzähl­al­ter“, sau­gen Erzäh­lun­gen jeder Mach­art auf, ver­han­deln dar­in Erfah­run­gen, Sehn­süch­te, Wün­sche und Kon­flik­te. Wäh­rend ihre all­täg­li­chen Hand­lun­gen durch die Mög­lich­kei­ten in ihrer Umwelt begrenzt sind, eröff­net ihnen Spie­len und Erzäh­len ein gren­zen­lo­ses Feld vor­ge­stell­ter Handlungen.

Rol­len­spiel und Erzählung

Die münd­li­che mit ges­ti­scher und spie­le­ri­scher Dar­stel­lung ange­rei­cher­te Erzäh­lung liegt Kin­dern in die­sem Alter auch des­halb nahe, weil sie wie eine Wei­ter­füh­rung des Rol­len­spiels mit ande­ren Mit­teln erscheint: Die Abspra­chen wer­den nun vom erzäh­len­den Text getrof­fen, die Spiel­sze­nen von den Hand­lungs­se­quen­zen der Erzäh­lung bestritten.

Denn Erzäh­lun­gen sind in gewis­ser Wei­se die Fort­set­zung von Rol­len­spie­len mit ande­ren Mit­teln. Erzäh­lun­gen set­zen sich zusam­men aus dem eigent­li­chen Erzähl­text, der erklärt, wie es zu den Sze­nen und Hand­lun­gen gekom­men ist und des­halb den Abspra­chen beim Rol­len­spiel ent­spricht, und den eigent­li­chen Sze­nen, die sozu­sa­gen die Spiel­se­quen­zen des Rol­len­spiels wie­der­ge­ben. Wie die Rol­len­spie­le bestehen sie aus dem Spre­chen über und dem stell­ver­tre­ten­den Dar­stel­len der Sze­nen. Die Dar­stel­lung ver­kürzt sich vom Spie­len der gan­zen Figur auf Ges­ten einer­seits und kur­zes Anspie­len von Figu­ren der Erzäh­lung andererseits.

Struk­tu­ren der Erzählung

Erzäh­len for­dert nicht nur, wie die Rol­len­spie­le, sich aus dem gege­be­nen Hand­lungs­kon­text zu lösen, es ver­langt dar­über hin­aus die Pla­nung einer fik­ti­ven Hand­lungs­fol­ge: Der Erzäh­ler hat sei­ne Geschich­te in Spra­che, Ges­tik und Spiel über einen län­ge­ren Zeit­raum von Äuße­rung zu Äuße­rung nach einem vor­ge­ge­be­nen Mus­ter zu gestalten.

Anders als beim Rol­len­spiel, das jeder­zeit erlaubt zum Gespräch über die Hand­lung zurück­zu­keh­ren und die Hand­lungs­fol­ge umzu­ge­stal­ten und neu zu pla­nen, muss der Erzäh­len­de ein abs­trak­tes Hand­lungs­sche­ma aus­fül­len, damit sei­ne Rede als Erzäh­lung akzep­tiert und ver­stan­den wird.

Was eine erzähl­te Geschich­te aus­macht, die Ereig­nis­se, die über­haupt erzäh­lens­wert sind, die Hand­lungs­struk­tur, die dabei zu ent­fal­ten ist, stellt kul­tu­rell geform­te, ver­bind­li­che Anfor­de­run­gen an Erzäh­ler und Zuhö­rer. Denn die ver­bind­li­che Abfol­ge einer Erzäh­lung ist die Vor­aus­set­zung, dass die Geschich­te auch ver­stan­den wer­den kann. Sie wer­den vom Zuhö­rer erwar­tet und des­halb vom Erzäh­ler eingehalten.

Wie sehen die­se Anfor­de­run­gen aus? Es muss ein außer­or­dent­li­ches Ereig­nis oder ein unwahr­schein­li­cher Vor­satz die gesell­schaft­li­che All­täg­lich­keit durch­bre­chen, der Held der Erzäh­lung muss sich damit aus­ein­an­der­set­zen und die Geschich­te irgend­wie zu einem kla­ren Ergeb­nis füh­ren. Zwei­tens haben die berich­te­ten Hand­lun­gen einen inhalt­li­chen Zusam­men­hang zu wah­ren, die erzähl­ten Hand­lungs­wei­sen müs­sen mit den vor­her­ge­hen­den Hand­lun­gen ver­knüpft wer­den und sich kon­se­quent dar­aus ablei­ten las­sen. Sie müs­sen deren inne­re „Kohä­renz“ beach­ten, eine Anfor­de­rung, der auf jeweils spe­zi­fi­sche Wei­se auch bei allen ande­ren Text­ar­ten zu ent­spre­chen ist.

Die­ser Zwang zum pla­nend struk­tu­rier­ten Spre­chen bedeu­tet, dass Kin­der ler­nen län­ge­re aus dem Gespräch gelös­te Äuße­run­gen nach einem zugrun­de geleg­ten Struk­tur­sche­ma zu orga­ni­sie­ren. Sie ler­nen dabei nicht nur zu erzäh­len, und das heißt eine Geschich­te in der kul­tu­rell ver­bind­li­chen Wei­se mit­zu­tei­len. Sie erwer­ben dar­über zugleich die grund­sätz­li­che­re Fähig­keit län­ge­re, nach einem Ord­nungs­sche­ma struk­tu­rier­te Rede­bei­trä­ge zu orga­ni­sie­ren, eine Fähig­keit, die dann auch auf ande­re Text­sor­ten über­tra­gen wer­den kann.

Das kom­ple­xe Sprach­spiel der Erzählung

Gegen­über dem spon­ta­nen Rol­len­spiel ver­langt selbst jede schlich­te münd­li­che Erzäh­lung erwei­ter­te Pla­nung und Über­sicht. Die Erzäh­ler müs­sen nun nicht nur eine kon­sis­ten­te Sprech­wei­se für eine Rol­le aus­ar­bei­ten und bei­be­hal­ten, sie müs­sen das gleich­zei­tig für alle in der Erzäh­lung agie­ren­den Figu­ren leis­ten. Zugleich haben sie als Erzäh­len­de eine die­ser Rol­le ange­mes­se­ne Sprech­wei­se zu ent­wi­ckeln, die in den erzäh­len­den Pas­sa­gen zu einer sti­li­sier­ten Sprach­ver­wen­dung führt und sich nur gele­gent­lich vor allem in den „eva­lu­ie­ren­den“, die Erzähl­hand­lung bewer­ten­den Pas­sa­gen wie­der an die All­tags­spra­che annähert.

In den Sze­nen wer­den die Figu­ren jetzt nur kurz ange­spielt, der Erzäh­ler schlüpft an wich­ti­gen Stel­len sei­ner Erzäh­lung kurz in die Rol­len der Figu­ren, um sie gleich wie­der zu ver­las­sen und die nächs­te Figur anzu­spie­len. Das ent­spricht in etwa den Ver­fah­ren im „Ein­mann­thea­ter“.

Ein­ge­fleisch­ten Thea­ter­spie­lern ist jedoch oft nicht klar, was Ges­ten sind und was sie bewir­ken. Ent­schei­dend für ihre Wir­kung ist, dass Ges­ten eben­so wie die kur­zen Spiel­sze­nen Bil­der im Kopf der Zuhö­rer erzeu­gen. Erzeugt wer­den sie, indem man aus einer Hand­lung einen Teil­aspekt her­aus­nimmt und ihn stell­ver­tre­tend mit den Hän­den, aber auch ande­ren Kör­per­tei­len aus­führt. Die­se stell­ver­tre­ten­de Hand­lung ergänzt sich der Zuhö­rer, der ja eigent­lich Zuschau­er sind, zum gan­zen Bild, zur gan­zen Handlung.

Wenn ich, um ein ein­fa­ches Bei­spiel zu bemü­hen, erzäh­le, wie der Held eine Tür ein­tritt, reicht es kurz mit dem Fuß zuzu­tre­ten oder den Fuß­tritt auch nur mit der Hand nach­zu­spie­len, damit die Zuhö­rer sich die Sze­ne vor ihrem geis­ti­gen Auge zu einem voll­stän­di­gen Bild ergänzen.

Im Ver­gleich zum Rol­len­spiel heißt das, dass sich ins­ge­samt der Schwer­punkt beim Erzäh­len vom dar­stel­len­den Spie­len zur sprach­li­chen Kon­struk­ti­on der Erzähl­hand­lung ver­schiebt. Anders als beim Lese­text bleibt aber die anschau­li­che Dar­stel­lung erhal­ten, indem das ges­ti­sche Spiel Rol­len und Hand­lun­gen andeu­tet. Das bedeu­tet: Die Vor­stel­lungs­bil­der hän­gen nicht aus­schließ­lich vom Ver­ste­hen der sprach­li­chen For­mu­lie­run­gen ab, son­dern wer­den schon durch die ges­ti­schen Zei­chen des Erzäh­lers vorbereitet.

Auch Erzäh­len will gelernt sein

Die Struk­tur­for­men einer Erzäh­lung müs­sen, um sie aktiv anwen­den zu kön­nen, aber erst ein­mal über das Hören und Ver­ste­hen von Erzäh­lun­gen auf­ge­nom­men und intui­tiv gelernt wer­den, ähn­lich wie die gram­ma­ti­schen Regeln beim Sprach­er­werb. Die Regeln, wie eine Erzäh­lung auf­ge­baut ist, braucht man ja auch schon, um eine Erzäh­lung zu ver­ste­hen. Zwei­tens muss man die erzähl­te Hand­lungs­fol­ge einer Geschich­te nach­voll­zie­hen kön­nen. Bei­des wird unter­stützt durch die ges­ti­sche und spie­le­ri­sche Dar­stel­lung, die erlaubt die Geschich­te auch dann im Prin­zip zu ver­ste­hen, wenn nicht alle sprach­li­chen Äuße­run­gen voll­stän­dig begrif­fen wer­den. Gera­de die Dar­stel­lung lenkt aber auf die sprach­li­che Äuße­rung hin. Denn die ges­ti­sche Dar­stel­lung ist immer mehr­deu­tig, erst die beglei­ten­de sprach­li­che Erklä­rung legt die Ges­te ein­deu­tig fest. Des­halb spit­zen Kin­der sämt­li­che Ohren, um das durch die gestell­te Rät­sel auf­zu­lö­sen, indem sie die sprach­li­che Äuße­rung entschlüsseln.

Die­ses sehr viel kom­ple­xe­re „Sprach­spiel“ ent­wi­ckelt sich nur, wenn es aus­rei­chend in der sprach­li­chen Umge­bung vor­ge­führt wird. Anders als das Rol­len­spiel, das in sei­nen Grund­for­men ande­ren Kin­der abge­schaut wird, wer­den Kom­mu­ni­ka­ti­ons­wei­se, Stof­fe und Bau­for­men des Erzäh­lens nur in dem Maße ange­regt und über­nom­men, wie den Kin­dern von Erwach­se­nen erzählt (oder auch vor­ge­le­sen) wird. Sol­che Erfah­run­gen brin­gen Kin­der des­halb nicht selbst­ver­ständ­lich in die Schu­le mit. In vie­len Eltern­häu­sern wird wenig erzählt, eher erklärt oder ange­wie­sen. Auch gehört frei­es münd­li­ches Erzäh­len nicht zu den selbst­ver­ständ­li­chen Akti­vi­tä­ten des Kindergartens.

Kin­der beherr­schen die­se Struk­tur­for­men und Kom­mu­ni­ka­ti­ons­wei­sen zunächst noch unvoll­stän­dig, pas­sen sich aber zuneh­mend dar­an an, wenn sie selbst erzäh­len. Da die Zuhö­rer die ver­bind­li­chen Erzähl­struk­tu­ren meist bes­ser beherr­schen als die erzäh­len­den Kin­der und Brü­che oder Inkon­se­quen­zen signa­li­sie­ren, kön­nen sich die Kin­der über das Erzäh­len an die gefor­der­ten Sprach­struk­tu­ren anpassen.

Sprach­an­re­gun­gen durch ges­ti­sches Erzählen

Wie kann die sprach­li­chen Fähig­kei­ten durch das Erzäh­len von Geschich­ten unter­stützt werden?

Dafür muss man sich erst ein­mal die beson­de­re Kom­mu­ni­ka­ti­ons­wei­se einer Erzäh­lung klar­ma­chen. Zwar hält der Erzäh­len­de wäh­rend sei­ner Erzäh­lung das Rede­recht, aber die Zuhö­rer sind leib­haf­tig gegen­wär­tig und reagie­ren auf sei­ne Erzäh­lung, vor allem mit non­ver­ba­len, aber auch mit kur­zen ver­ba­len Bei­trä­gen. Der Erzäh­ler wie­der­um behält sei­ne Zuhö­rer im Auge. Da er sei­nen Wort­laut im Akt des Erzäh­lens impro­vi­siert, kann er ihn stets nach den Reak­tio­nen der Zuhö­ren­den aus­rich­ten. Er bemüht sich so zu spre­chen, dass er von den Zuhö­ren­den opti­mal ver­stan­den wird, indem er sei­ne Äuße­run­gen an ihr Sprach­ver­ständ­nis anpasst und stän­dig kon­trol­liert, ob sie ihn auch ver­ste­hen. Der Wort­laut jeder ein­zel­nen Erzäh­lung weicht des­halb immer vom Wort­laut bei einer ande­ren Gele­gen­heit ab.

Wäh­rend er also sei­nen Wort­laut genau auf die Zuhö­rer aus­rich­tet, muss er zugleich eine Dik­ti­on benut­zen, die von den bekann­ten All­tags­ver­wen­dun­gen abweicht. Das ergibt sich aus den Hand­lungs­wei­sen sei­ner in fik­ti­ver Ver­gan­gen­heit berich­ten­den Geschich­te. Er wird immer sti­li­sier­ter spre­chen als in einem belie­bi­gen All­tags­ge­spräch und dazu einen Wort­schatz benut­zen, den er am Küchen­tisch kaum im Mun­de führt. Dar­über wird der Sprach­ge­brauch der Zuhö­rer angeregt.

Noch wich­ti­ger für die Sprach­för­de­rung ist ein wei­te­rer Effekt. Beim Erzäh­len wer­den fest­ste­hen­de Wen­dun­gen gebraucht, die sich im Ver­lauf der Erzäh­lung häu­fig wie­der­ho­len. Das lässt sich schon beob­ach­ten, wenn man ein Erleb­nis mehr­fach erzählt. Dabei schlei­fen sich bestimm­te Wen­dun­gen ein, die man mehr­fach wie­der­ho­len wird. Vor allem neigt man dazu, Dia­log­pas­sa­gen wört­lich zu wiederholen.

Die­se soge­nann­ten „For­meln“ sind für die Sprach­för­de­rung sehr wich­tig. Weil sie wie­der­holt wer­den, prä­gen sie sich am ehes­ten ein und wer­den von Kin­dern wie­der­ge­ge­ben, wenn sie sich an die Erzäh­lung erin­nern. Sie bil­den Satz­vor­la­gen, die dann auch für eige­ne Satz­bil­dun­gen ver­wen­det wer­den können.

Regel­mä­ßi­ges Erzählen

Soll sich über gehör­te Erzäh­lun­gen ein Ver­ständ­nis für die ver­bind­li­chen Bau­for­men und Mus­ter von Geschich­ten aus­bil­den und sol­len die Sprech­vor­la­gen die Sprach­be­herr­schung för­dern, darf es nicht bei ver­ein­zel­ten Erzäh­lun­gen blei­ben. Der gele­gent­li­che Besuch eines Erzäh­lers in der Klas­se wird zwar begeis­tert auf­ge­nom­men, aber wird kaum nach­hal­ti­ge Wir­kun­gen zei­gen. Dafür soll­ten regel­mä­ßi­ge Erzähl­stun­den ein­ge­rich­tet wer­den, in denen die Leh­ren­den selbst erzäh­len. Sie kön­nen dann durch Ritua­le ein­ge­lei­tet und dadurch vom übri­gen Unter­richt abge­grenzt wer­den. Das kann durch ein­lei­ten­de Lie­der gesche­hen, durch einen beson­de­ren Raum, in den man sich zum Erzäh­len begibt, durch einen „Erzäh­ler­stuhl“ oder sonst ein Abzei­chen, das den Erzäh­len­den kenn­zeich­net. Auf die Geschich­te kön­nen Merk­zei­chen hin­len­ken, die aus einem Korb, einem Kof­fer oder der­glei­chen geholt wer­den und stell­ver­tre­tend für die Geschich­te ste­hen. Ehe die Erzäh­lung ein­setzt, darf anhand des Merk­zei­chens gemut­maßt wer­den, wor­um es in der Geschich­te gehen wird. Noch auf­re­gen­der ist es, den kenn­zeich­nen­den Gegen­stand in einem Fühl­sack zu prä­sen­tie­ren, Schü­ler erst raten zu las­sen, was sich dar­in befin­det und ihn dann zu ent­hül­len. Die Merk­zei­chen für jede Erzäh­lung kön­nen dann sicht­bar in einem Regal gesam­melt wer­den und hel­fen die Erin­ne­rung an die damit bezeich­ne­te Geschich­te wachzuhalten.

Zum Erzäh­len hinführen

Das über das regel­mä­ßi­ge Erzäh­len ver­mit­tel­te Struk­tur­sche­ma von Geschich­ten stellt die Blau­pau­se zur Ver­fü­gung, die für das Ver­ste­hen von Geschich­ten und dann für die Kon­struk­ti­on eige­ner Erzäh­lun­gen gebraucht wird. Das aber braucht sei­ne Zeit und wird bei jedem Kind etwas anders aus­se­hen. Aller­dings lehrt die Erfah­rung, dass regel­mä­ßi­ges Erzäh­len Kin­der dazu anregt, sich selbst als Erzäh­ler zu ver­su­chen und sich dafür Geschich­ten auszudenken.

Zunächst ver­fü­gen sie weder über die sprach­li­che Aus­drucks­fä­hig­keit, die ihnen erlaub­te allein eine län­ge­re sprach­li­che Äuße­rung zustan­de zu brin­gen noch über­bli­cken sie vor­weg die Hand­lungs­fol­ge einer Geschich­te. Sie wer­den dar­in aber sehr geför­dert, wenn sie in ihren Erzähl­ver­su­chen unter­stützt wer­den. Schon wäh­rend einer lau­fen­den Erzäh­lung kön­nen sie zum Mit­er­zäh­len ange­regt wer­den, indem man an ent­schei­den­den Stel­len nach­fragt, wie sie sich ver­hal­ten hätten.

Kin­der, und auch noch Grund­schü­ler, hören Geschich­ten ger­ne mehr­mals, denn die Erzäh­lung wird oft erst über wie­der­hol­te Dar­bie­tung bis in die Ein­zel­hei­ten erfasst. Für die Wie­der­ho­lung bie­tet sich ein rekon­stru­ie­ren­des Erzäh­len an, indem die Zuhö­rer gefragt wer­den, wor­an sie sich noch erin­nern, die Erin­ne­run­gen vor­tra­gen und gegen­sei­tig ergän­zen. Indem man sol­che Fra­gen an den Kno­ten­punk­ten der Hand­lung ansie­delt, wer­den dar­über zugleich die wesent­li­chen, die Geschich­te struk­tu­rie­ren­den Bau­tei­le erkenn­bar. Sofern sie dazu in der Lage sind, kann man die Erzäh­ler­rol­le einem ein­zel­nen Kind für die Nach­er­zäh­lung der gan­zen Geschich­te über­las­sen, oder auch zwei Schü­ler erzäh­len las­sen, die sich dabei gegen­sei­tig ergän­zen dürfen.

Mit­er­zäh­len wie rekon­stru­ie­ren­des Erzäh­len ani­mie­ren dazu, dass sich Schü­ler als Erzäh­ler zu ver­su­chen. Aber auch dafür brau­chen Schü­ler meist noch Unter­stüt­zung. In ihren Erzäh­lun­gen nei­gen Kin­der häu­fig ent­we­der zu Ver­kür­zun­gen und Aus­las­sun­gen, indem sie noch nicht den gesam­ten Hand­lungs­strang ver­sprach­li­chen, son­dern mit auf­fal­len­den Lücken erzäh­len. Sie sind dann ent­we­der zu sehr mit der Aus­ar­bei­tung ein­zel­ner Sze­nen beschäf­tigt um den Über­blick zu behal­ten und die Sze­nen aus­ein­an­der her­vor­ge­hen zu las­sen. Oder sie nei­gen dazu die Erzäh­lung im Tele­gramm­stil zu ver­knap­pen. Dann haben sie zwar den Hand­lungs­bo­gen im Blick, kön­nen ihn aber nur unzu­rei­chend mit sprach­li­chen Mit­teln sze­nisch ausführen.

Hier kann der Erwach­se­ne Hil­fe­stel­lung geben, indem er genau­er nach den unter­las­se­nen Hand­lungs­schrit­ten fragt oder die sze­ni­sche Aus­schmü­ckung über Fra­gen her­aus­lockt. Die­ses stüt­zen­de Erzäh­len hilft den erzäh­len­den Kin­dern eine „rich­ti­ge“ Geschich­te zustan­de zu brin­gen, eine Erfah­rung, die zu wei­te­ren Erzäh­lun­gen anregt. Eine ähn­li­che Stüt­ze geben sich Kin­der, wenn sie gele­gent­lich zusam­men erzäh­len und sich dabei gegen­sei­tig ergän­zen. Die­se Form gemein­sa­men Erzäh­lens bie­tet sich beson­ders für Erzäh­lun­gen an, die gemein­sa­me Erleb­nis­se wiedergeben.

Eine schö­ne Vor­la­ge für gemein­sa­mes Erzäh­len bie­ten „Ket­ten­er­zäh­lun­gen“: Hier kann die Lehr­per­son den Ein­stieg und die ers­ten Epi­so­den erzäh­len, dann die Schü­ler dazu auf­for­dern sich allein oder in Grup­pen wei­te­re Epi­so­den aus­zu­den­ken, die anschlie­ßend nach­ein­an­der erzählt (mög­lichst auch auf Band fest­ge­hal­ten) und schließ­lich vom Leh­ren­den mit einer Schluss­epi­so­de been­det wer­den. Die­ses Vor­ge­hen eig­net sich auch sehr gut dazu einen Mit­schnitt und/oder eine schrift­li­che Fas­sung anzu­fer­ti­gen und zu vervielfältigen.

2.3. Erzählen und Theaterspiel

Die beim ange­lei­te­ten Rol­len­spiel erwähn­ten Schwie­rig­kei­ten tre­ten in ande­rer Wei­se auch beim Thea­ter­spie­len mit Kin­dern auf.

In spiel­päd­ago­gi­scher Per­spek­ti­ve füh­ren For­men des dar­stel­len­den Spiels, die das spon­ta­ne Rol­len­spiel von Vor­schul­kin­dern in struk­tu­rier­te­re Spiel­wei­sen über­füh­ren, zur all­mäh­li­chen Über­nah­me der Kon­ven­tio­nen des Thea­ter­spiels. Statt der von Fall zu Fall abge­spro­che­nen Spiel­hand­lun­gen wer­den nun fes­te Hand­lungs­fol­gen zugrun­de gelegt, die den Spie­len­den die Über­sicht über das gesam­te Spiel­ge­sche­hen abver­lan­gen. Aus den impro­vi­sier­ten Rol­len­dia­lo­gen schä­len sich zunächst annä­hern­de und dann auch zuneh­mend ver­bind­li­che For­mu­lie­run­gen her­aus bis hin zu wört­lich ein­stu­dier­ten Dia­lo­gen, wenn nach dem Text eines Thea­ter­stücks gespielt wird. Wäh­rend Kin­der im spon­ta­nen Rol­len­spiel für sich selbst und für­ein­an­der spie­len, erlau­ben geplan­te und geprob­te Spiel­for­men vor Publi­kum auf­zu­tre­ten und Auf­füh­run­gen nach Belie­ben zu wiederholen.

Unter dem Gesichts­punkt der Sprach­er­zie­hung unter­stüt­zen die zuneh­mend struk­tu­rier­ten und nach Vor­la­gen arbei­ten­den Spiel­ver­fah­ren eine wach­sen­de Ein­sicht, Ein­übung und Beherr­schung des Text­ver­ständ­nis­ses: Die Spie­len­den müs­sen nun auch schon beim impro­vi­sie­ren­den Spre­chen in jedem Moment die Gesamt­hand­lung im Blick behal­ten, den Stel­len­wert der ein­zel­nen Sze­ne im Hand­lungs­ver­lauf rea­li­sie­ren und für ihre Rol­le die ange­mes­se­nen For­mu­lie­run­gen fin­den. Die­sen Sprech­duk­tus müs­sen sie über die Spiel­dau­er bei­zu­be­hal­ten und jeweils den wech­seln­den Situa­tio­nen anzu­pas­sen ver­ste­hen. Jede rol­len­spe­zi­fi­sche Sprach­ver­wen­dung ist zugleich durch eine sti­li­sier­te, von dem eige­nen all­täg­li­chen Sprach­ge­brauch abwei­chen­de Dik­ti­on gekenn­zeich­net und för­dert damit in Wort­wahl und Satz­bil­dung Ver­ständ­nis und For­mu­lie­rung sti­li­sier­ten Sprechens.

Mit Kin­dern Auf­füh­run­gen einstudieren

Will man mit Kin­dern eine Auf­füh­rung vor Publi­kum vor­be­rei­ten, erge­ben sich vor allem mit klei­ne­ren Kin­dern beträcht­li­che Pro­ble­me. Um sich mit ihrer Rol­le in die Auf­füh­rung ein­zu­brin­gen, müs­sen die spie­len­den Kin­der den gesam­ten Ablauf der Spiel­hand­lung im Blick behal­ten. Zugleich müs­sen sie in ihrer Rol­le so spre­chen, dass die­se Linie gewahrt bleibt und ihre Sprech­wei­se ihrer Rol­le ent­spricht. Dabei gibt es erfah­rungs­ge­mäß Pro­ble­me: Ent­we­der die Spie­ler ver­hal­ten sich spie­le­risch und sprach­lich so, dass es nicht mehr mit der Gesamt­hand­lung über­ein­stimmt oder sie spie­len höl­zern und fra­gen stän­dig: Was muss ich jetzt tun? Oder es wer­den die ein­stu­dier­ten Sät­ze ton­los heruntergeleiert.

Das sind aber die glei­chen Kin­der, denen es in ihren Rol­len­spie­len kaum an Spiel­fä­hig­keit oder Bereit­schaft zum Spre­chen fehlt. Es fehlt ihnen an Über­sicht über die Hand­lungs­fol­ge und oft auch die geeig­ne­ten Sät­ze an der rich­ti­gen Stel­le. Das beim Thea­ter­spie­len übli­che Pro­ben und wört­li­che Ler­nen der Rol­le ist aber kaum oder erst in Ansät­zen möglich.

In kind­li­chen Rol­len­spie­len wer­den die vor­han­de­nen Räum­lich­kei­ten und das dar­in vor­ge­fun­de­ne Mate­ri­al nach Bedarf zu den gemein­ten Spiel­räu­men und Spiel­ge­gen­stän­den umfunk­tio­niert. Die nun stär­ker vor­ge­plan­te Spiel­fol­ge erfor­dert auch die über­leg­te­re Ver­wen­dung von Spiel­räu­men und Spiel­ge­gen­stän­den. Zunächst liegt jün­ge­ren Kin­dern eine Spiel­wei­se näher, bei der die wech­seln­den Spiel­räu­me auch an wech­seln­den Spiel­plät­zen statt­fin­den (Sta­tio­nen­spiel). Zur Kenn­zeich­nung der Rol­len eig­nen sich ein­zel­ne „Zei­chen“ (ein Hut, ein Vogel­schna­bel etc.) bes­ser als aus­la­den­de Kostümierung.

Mit wach­sen­der Spiel­fä­hig­keit kann auch auf einer fes­ten Spiel­flä­che gespielt wer­den, die je nach der Spiel­hand­lung nach­ein­an­der zum nächs­ten Spiel­raum umge­deu­tet wird. Die­se „büh­nen­mä­ßi­ge“ Spiel­wei­se nähert sich an die gän­gi­gen Thea­ter­kon­ven­tio­nen an. Der Spiel­raum wird nun „möbliert“, die Spie­len­den, die über lan­ge Zeit die glei­che Rol­le ver­kör­pern, erhal­ten Kos­tü­me. Die Kon­ven­tio­nen des Thea­ter­spiels soll­ten aber nicht zu früh ein­ge­führt wer­den, da sie die spon­ta­ne Spiel­lust der Rol­len­dar­stel­lung sowie die impro­vi­sier­te sprach­li­che Gestal­tung der Rol­len beein­träch­ti­gen können.

Ein voll­stän­dig an die Ver­fah­ren des Thea­ters ange­pass­tes Vor­ge­hen, indem Rol­len­tex­te wört­lich gelernt wer­den und eine vom Spiel­lei­ter fest­ge­leg­te und über Pro­ben ver­mit­tel­te Spiel­wei­se repro­du­ziert wird, ent­spricht noch kaum der Spiel­fä­hig­keit und der Sprach­ver­wen­dung von Grundschülern.

Auch davon, dass die Lehr­per­so­nen sich aus­schließ­lich als Regis­seu­re des Spiels ver­ste­hen und betä­ti­gen, ist abzu­ra­ten. Das kann rasch dazu füh­ren, dass die Schü­ler stän­dig fra­gen, was sie denn jetzt tun oder sagen sol­len. Im Sin­ne der sprach­li­chen Anre­gung ist es sinn­vol­ler, wenn Erwach­se­ne, ins­be­son­de­re auch bei Pro­ben, in einer Rol­le mit­spie­len und aus der Rol­le her­aus sprach­li­che Anre­gun­gen geben, die von Kin­dern rasch auf­ge­grif­fen und dem eige­nen Reper­toire ein­ge­glie­dert wer­den. Statt Anwei­sun­gen und Erklä­run­gen zu geben, ist es meist ange­brach­ter wie­der über erzäh­len­de Pas­sa­gen an die Vor­la­ge zu erinnern.

Erzäh­lun­gen als Spielvorlagen

Erzäh­lun­gen, die als Vor­la­gen für Spiel­ak­ti­vi­tä­ten die­nen, hel­fen den Spie­lern die Über­sicht über das Gesamt­ge­sche­hen zu behalten.

Wäh­rend Sze­nen, Rol­len und Hand­lungs­füh­rung bei spon­ta­nen Rol­len­spie­len nach Bedarf abge­än­dert wer­den, indem die Spie­len­den aus den Rol­len tre­ten und sich neu abstim­men, wird die Hand­lungs­fol­ge vor­struk­tu­riert, sobald eine münd­li­che, geschrie­be­ne oder media­le Erzäh­lung als Vor­la­ge dient. Die Spie­len­den müs­sen jetzt im Prin­zip die Hand­lungs­fol­ge der Erzäh­lung beach­ten und sind auf die Rol­len beschränkt, die die Vor­la­ge vor­gibt. Um die Spie­len­den zum genaue­ren Nach­spie­len zu ver­an­las­sen, kann die Lehr­per­son als Erzäh­ler ein­grei­fen, sobald das Spiel stockt oder zu sehr abweicht, oder indem die Hand­lungs­fol­ge vor­weg in Stich­wor­ten oder auch als sche­ma­ti­sche Zeich­nung vor dem Spie­len fixiert wird.

Die dem Spiel zugrun­de lie­gen­de Hand­lungs­fol­ge kann mit den Spie­len­den auch vor­weg für die gesam­te Spiel­dau­er abge­spro­chen wer­den, soll­te dann aber fest­ge­hal­ten wer­den, sei es in Stich­wor­ten oder als aus­ge­schrie­be­ner Text und als Spiel­vor­la­ge benutzt wer­den. In bei­den Fäl­len wer­den dann von den Spie­len­den nur die Dia­log­pas­sa­gen improvisiert.

Beim Ver­wen­den einer Erzäh­lung als Vor­la­ge erge­ben sich zen­tra­le Dia­log­par­tien fast von selbst. Schon beim wie­der­hol­ten Erzäh­len schlei­fen sich fes­te For­mu­lie­run­gen ein, die sich im Lau­fe der Erzäh­lung im Wort­laut wie­der­ho­len. Münd­li­che Erzähl­vor­la­gen sind (anders als geschrie­be­ne Erzäh­lun­gen) vol­ler wie­der­ho­len­der „For­meln“. Beim Nach­spie­len prä­gen sich die­se fest­ste­hen­den Rede­wen­dun­gen rasch ein und wer­den bald wört­lich wie­der­ge­ge­ben. Aber auch in den Spiel­pro­ben impro­vi­sier­te Dia­lo­ge haben die Ten­denz sich beim wie­der­hol­ten Spie­len immer mehr zu ver­fes­ti­gen und wer­den nach und nach zu ver­bind­li­chen und wie­der­hol­ba­ren For­mu­lie­run­gen aus­ge­ar­bei­tet. Aus dem spon­ta­nen Spiel schä­len sich ers­te fes­te Text­mus­ter her­aus und die Schü­ler wer­den dar­über an den Gebrauch sti­li­sier­ten Spre­chens gewöhnt. Um die Ver­fes­ti­gung von Spra­che und Rol­len­dar­stel­lung zu unter­stüt­zen, kann man die Pro­ben auf­neh­men und vor jeder neu­en Pro­be zur Erin­ne­rung abspielen.

Um in Pro­ben erar­bei­te­te Spiel­sze­nen und die dar­in gefun­de­nen For­mu­lie­run­gen fest­zu­hal­ten kön­nen Ton- oder Video­auf­nah­men hilf­reich sein, die vor jeder neu­en Pro­be oder Auf­füh­rung ange­schaut wer­den. Das hilft den von den Spie­len­den ent­wi­ckel­ten Wort­laut in den Pro­ben zu fes­ti­gen und kon­sis­tent zu halten.

Auf die fas­zi­nie­ren­de Geschich­te kommt es an

Ich habe unter einem sehr for­ma­len Gesichts­punkt dar­über gespro­chen, wie Spie­len und Erzäh­len die sprach­li­chen Fähig­kei­ten anre­gen und unter­stüt­zen kön­nen. Zum Schluss möch­te ich aber noch dar­auf hin­wei­sen, dass sich die­se Effek­te nicht ein­fach von selbst ein­stel­len, wenn man irgend­et­was spielt oder erzählt. Vor­aus­set­zung für sprach­an­re­gen­de Wir­kun­gen ist die begeis­tern­de Spiel­vor­la­ge und die fas­zi­nie­ren­de Erzäh­lung. Die Vor­la­gen müs­sen ein­mal form­ge­recht auf­ge­baut sein, aber vor allem in ihren Hand­lungs­wei­sen inter­es­sie­ren und fas­zi­nie­ren, erst dann kön­nen sich auch die skiz­zier­ten Wir­kun­gen für die Sprach­er­zie­hung ergeben.

Vor­trag gehal­ten am 28.4.07 auf der Früh­jahrs­ta­gung des Bun­des­ver­ban­des Thea­ter­päd­ago­gik in der Aka­de­mie Remscheid