Es war einmal ein Königreich, in dem die Leute glücklich und zufrieden zusammenlebten. Bis sich eines Tages am hellen Mittag der Himmel verfinsterte und man die Hand kaum mehr vor den Augen sah. Die Finsternis kam von einem Drachen, der gerade über dieses Land flog. Leider flog er nicht weiter, denn als er das Land unter sich betrachtete, fand er es wie geschaffen, um sich darauf niederzulassen. Natürlich kümmerte es ihn überhaupt nicht, dass das Land schon bewohnt war.
Der Drache landete auf einer Wiese neben dem Königspalast. Er pochte gegen das Tor des Palastes, bis der König erschrocken aus dem Fenster schaute. Da schrie der Drache: „Wer ist hier König?“
„Das bin ich“, meinte der König.
„Quatsch!“ schrie der Drache. „Du warst König! Du bist abgesetzt! Verstanden?“
„Dazu haben Sie kein Recht“, meinte der König. „Niemand hat Sie zum König ernannt.“
„Recht?“ lachte der Drache. „Gleich zeig ich dir, wer hier Recht hat!“
Und damit hob er seine Schnauze gegen den Himmel und spuckte Feuer.
„Überzeugt dich das? Oder muss ich erst deinen Palast abfackeln und dich und deine Diener zur Hölle jagen?“
Was blieb dem König anderes übrig? Er wollte vermeiden, dass sein Palast und seine Diener verbrennen, und darum erklärte er dem Drachen, okay, er ist einverstanden.
Der Drache lachte so laut, dass im ganzen Königreich die Scheiben zersprangen.
„Schön, dass du das einsiehst! Aber wer weiß, ob du morgen nicht auf dumme Gedanken kommst. Darum werde ich mir zur Sicherheit dein Töchterlein schnappen. Wenn du nicht parierst, wird sie zum Frühstück verspeist. Ist das klar?“
Was blieb dem König anderes übrig? Er schickte die Prinzessin vor das Schloss, das Ungeheuer packte sie und führte sie weg. Auf der Wiese neben dem Königspalast errichtete der Drache über Nacht einen Zaubergarten und setzte die gefangene Prinzessin in das Schloss des Zaubergartens. Dann ließ der Drache im ganzen Land bekannt machen:
„An Alle!
Der König ist ein Schwächling. Er ist abgesetzt! Von jetzt an regiert hier der mächtige Drache. Und merkt euch: Damit dieser Schwächling keine Dummheiten macht, hat sich der Drache die Prinzessin geschnappt und in einen Zaubergarten gesperrt. Macht der König doch Dummheiten, wird der Drache die Prinzessin zum Frühstück verspeisen.
Wen das Fell juckt, der darf versuchen, die Göre und damit das ganze Land aus den Fängen des Drachen zu befreien. Nichts leichter als das: Der Zaubergarten hat sieben Tore. Wer die die richtige Losung ausspuckt, darf durchgehen. Wer das an allen Toren schafft, hat gewonnen. Er kriegt die Prinzessin und der Drache verduftet.
Aber Vorsicht, Freunde! Ein falsches Wörtchen und ihr werdet in Stein verwandelt! Dann dürft ihr die nächsten tausend Jahre als Statue herumstehen, bis ihr in Wind und Wetter zerbröselt. Schreibt euch das hinter die Ohren!
Der Drache.“
Natürlich versprach der abgesetzte König jedem die Hand der Prinzessin, der sie aus den Klauen des Ungeheuers befreien würde. Viele versuchten das auch, aber die meisten scheiterten schon am ersten Tor. Sie fanden nicht das richtige Passwort und standen nun als Statuen im Zaubergarten des Drachen herum.
Im letzten Winkel des Königreiches lebte ein Vater mit seinen drei Söhnen. Als der Älteste die Bekanntmachung des Drachen gehört hatte, sagte er: „Ich gehe die Prinzessin befreien.“
Der alte Vater war entsetzt, aber konnte ihn nicht davon abbringen. Darum drückte er ihm eine Münze in die Hand und wünschte ihm viel Glück auf den Weg. Der Älteste zog los, ging den ganzen Tag, bis er zum Zaubergarten des Drachen kam.
Vor dem Zaubergarten musste er noch ein Brücklein überqueren, dort saß ein alter Mann und bettelte: „Haste mal ne Münze für mich!“
„Hab nur eine und die brauche ich selber!“ meinte der Älteste und ging weiter.
„Na, wirst schon sehen, wie weit du damit kommst,“ rief ihm der Alte hinterher.
Der Älteste kam an das erste Tor. Vor dem Tor standen rechts und links die versteinerten Figuren derjenigen, die es schon vor ihm versucht hatten. Doch er ging furchtlos zwischen ihnen hindurch bis zum Tor. Das bewachte ein Löwe, der mit offenem Rachen auf ihn losfuhr und fauchte: „Die Losung?“
Er erschrak und stammelte nur: „Der Drache . . .“
Der Löwe fletschte die Zähne, aber er ließ ihn vorbei. Wütend fauchte er hinter ihm her: „Renn nur in dein Verderben, Pechvogel!“
„Das klappt ja fabelhaft!“ dachte der Älteste und ging weiter. Vor dem nächsten Tor standen nur noch wenige Steinfiguren.
Das zweite Tor bewachte ein Bär, der trat mit zum Schlag erhobener Tatze auf ihn zu und brummte: „Die Losung?“
Und was antwortete der Älteste? Das Gleiche wie zuvor. Am ersten Tor hatte es ja auch geholfen: „Der Drache.“
Da fuhr ihm der Bär mit der Tatze ins Gesicht und schon stand eine Statue mehr vor dem Tor.
Als der Älteste nicht zurückkehrte, sagte der Zweite: „Jetzt gehe ich die Prinzessin befreien.“
Auch ihn konnte der Vater nicht davon abbringen, drückte ihm eine Münze in die Hand und wünschte ihm viel Glück auf den Weg.
Der Zweite zog los, ging den ganzen Tag, bis er zum Zaubergarten des Drachen kam. Vor dem Zaubergarten musste er noch ein Brücklein überqueren, dort saß ein alter Mann und bettelte: „Haste mal ne Münze für mich!“
„Hab nur eine und die brauch ich selber!“ meinte der Zweite und ging weiter.
„Na, wirst schon sehen, wie weit du damit kommst,“ rief ihm der Alte hinterher.
Der Zweitälteste kam an das erste Tor. Vor dem Tor standen rechts und links die versteinerten Figuren derjenigen, die es schon vor ihm versucht hatten. Aber auch der Zweite ging furchtlos zwischen ihnen hindurch zum Tor
Der Löwe, der das Tor bewachte, fuhr mit offenem Rachen auf ihn los und fauchte: „Die Losung?“
Er erschrak und stammelte nur: „Der Drache…“
Da fletschte der Löwe die Zähne, aber ließ ihn vorbei. Wütend fauchte er hinter ihm her: „Renn nur in dein Verderben, Pechvogel!“
„Das klappt ja fabelhaft!“ dachte der Zweite und ging weiter.
Vor dem nächsten Tor stand zwischen den Steinfiguren auch sein in Stein verwandelter Bruder. Aber das konnte ihn nicht schrecken, furchtlos ging er an ihm vorbei bis zum zweiten Tor.
Dort trat der Bär mit zum Schlag erhobener Tatze auf ihn zu und brummte: „Die Losung?“
Und was antwortete der Zweite? Das Gleiche, weil es doch am ersten Tor so gut geholfen hatte: „Der Drache.“
Weil ihn aber der Bär nicht gleich durchließ, sondern ihn erwartungsvoll anschaute, setzte er noch hinzu: „…spuckt..“ Eigentlich wollte er noch „Feuer“ sagen, aber da knurrte der Bär und ließ ihn vorbei. Böse polterte er hinter ihm her: „Weit wirst du nicht kommen, Schwachkopf!“
„Na siehst du wohl, das klappt doch!“ sagte sich der Zweite und ging weiter bis zum dritten Tor. Dort standen keine Versteinerten mehr, denn bis hierhin hatte es noch keiner geschafft.
Das dritte Tor bewachte ein Krokodil, das fuhr mit aufgerissenen Rachen auf ihn zu und schnappte: „Das Passwort?“
Ohne zu zögern sagte der Zweite: „Der Drache spuckt!“ Da hatte ihn das Krokodil schon mit der Schnauze berührt und jetzt stand auch vor dem dritten Tor ein versteinerter Kerl herum.
Als auch der Zweitälteste nicht zurückkehrte, sagte der Jüngste: „Jetzt gehe ich die Prinzessin befreien.“
Ihn wollte der alte Vater unter keinem Umständen ziehen lassen. Sollte er auch noch den letzten seiner Söhne verlieren? Aber es nutzte so wenig wie bei den anderen. Da drückte er auch dem Jüngsten eine Münze in die Hand und wünschte ihm viel Glück auf den Weg.
Der Jüngste zog los, ging den ganzen Tag, bis er zum Zaubergarten des Drachen kam. Vor dem Zaubergarten musste er noch ein Brücklein überqueren, dort saß ein alter Mann und bettelte: „Haste mal ne Münze für mich!“
„Ich bin sowieso gleich da, und die Münze brauch ich dann nicht mehr,“ sagte der Jüngste, drückte dem Alten die Münze in die Hand und wollte weitergehen.
„Warte doch, Dummkopf!“ rief der Alte. Und dann sagte er ihm: „Mit einem Wort musst du einen Satz anfangen, und dann an jedem Tor ein Wort dran hängen, das deinen Satz ergänzt, verstehst du? Aber Achtung, es muss dazu passen und Sinn machen!“
„Danke,“ sagte der Jüngste und ging weiter bis vor das erste Tor. Vor dem Tor standen rechts und links die versteinerten Figuren derjenigen, die es schon vor ihm versucht hatten. Zitternd ging der Jüngste zwischen ihnen hindurch zum Tor.
Der Löwe, der das erste Tor bewachte, fuhr mit offenem Rachen auf ihn los und fauchte: „Die Losung?“
Er dachte: „Ich fang mit dem Ungeheuer an,“ und sagte: „Der Drache..“
Da fletschte der Löwe die Zähne, aber er ließ ihn vorbei. Wütend fauchte hinter ihm her: „Renn nur in dein Verderben, Pechvogel!“
„Ob das wohl weiter gut geht?“ dachte der Jüngste und ging ängstlich weiter. Vor dem nächsten Tor standen nur noch wenige Steinfiguren. Es fröstelte ihn, als er unter den Versteinerten seinen ältesten Bruder entdeckte, der ihn aus steinernen Augen anglotzte.
Der Bär, der das zweite Tor bewachte, trat mit zum Schlag erhobener Tatze auf ihn zu und brummte: „Die Losung?“
„Was tut der Drache?“ überlegte der Jüngste und sagte: „Der Drache spuckt.“
Da knurrte der Bär, aber er ließ ihn vorbei. Böse polterte hinter ihm her: „Weit wirst du nicht kommen, Schwachkopf!“
Der Jüngste ging weiter bis zum dritten Tor. O Gott, da stand ja sein zweiter Bruder und glotzte ihn aus steinernen Augen an! Er schüttelte sich, ging aber weiter.
Das Krokodil, das das dritte Tor bewachte, fuhr mit aufgerissenen Rachen auf ihn zu und schnappte: „Die Losung?“
„Was spuckt denn der Drache?“ dachte der Jüngste.
Was hättet ihr da gesagt?
Der Jüngste sagte: „Der Drache spuckt Feuer!“
Das Krokodil knirschte mit den Zähnen, ließ ihn vorbei, aber keuchte hinter ihm her: „Du bist schon so gut wie gefressen, Kleiner!“
Das vierte Tor bewachte eine Schlange, die fuhr aus ihrem Loch und zischte: „Die Losung?“
„Was kann ich noch dran hängen?“ überlegte der Jüngste, da fiel ihm ein: Was für ein Feuer spuckt der Drache?
Was hättet ihr da gesagt?
Der Jüngste sagte: „Der Drache spuckt tödliches Feuer.“
Da züngelte die Schlange mit ihrem Giftzahn. Sie ließ ihn vorbei, aber zischte hinter ihm her: „Krepieren wirst du, du Narr!“
Das fünfte Tor bewachte eine Ratte, so groß wie ein Ochse. „Die Losung?“ gellte die Ratte mit einer Stimme, die in den Ohren schmerzte.
„Was kann ich denn jetzt noch dranhängen?“ ging es dem Jüngsten durch den Kopf. Und da kam ihm schon eine Idee: Wie spuckt der Drache tödliches Feuer?
Was hättet ihr da gesagt?
Er sagte: „Der Drache spuckt gnadenlos tödliches Feuer.“
Da pfiff die Ratte wütend durch die Zähne, aber sie ließ ihn vorbei. Wütend gellte sie hinter ihm her: „Deine Knöchelchen werde ich noch nagen, Süßer!“
Das sechste Tor bewachte eine Spinne, so groß wie ein Elefant. Sie fuhr auf den Jüngsten zu: „Die Losung?“
Oje, sein Satz war doch schon so lang! Was könnte man da jetzt noch dranhängen? Die Spinne kam mit ihrem Fresswerkzeug immer näher, da hatte der Jüngste die rettende Idee: Wann spuckt der Drache denn gnadenlos tödliches Feuer?
Was hättet ihr da gesagt?
Er sagte: „Der Drache spuckt Tag und Nacht gnadenlos tödliches Feuer.“
„Frechheit!“ stöhnte die Spinne. Sie ließ ihn vorbei. winselte aber hinter ihm her: „Gleich wirst du mit Haut und Haar gefressen, Freundchen!“
Was er meinte, begriff der Jüngste am siebten Tor, denn das bewachte der Drache persönlich. „Am besten schmeckt es, wenn einem das Frühstück ins Maul geflogen kommt,“ dröhnte der und lachte so laut, dass wieder im ganzen Königreich die Scheiben zersprangen.
Der Jüngste zitterte am ganzen Leib und rang nach Luft, weil er den heißen Atem des Drachens nicht aushielt.
„Aber erst die Spielregel!“ wieherte der Drache. „Hören wir uns an, welche Losung sich der kühne Retter ausgedacht hat!“
Mein Gott, wie konnte er jetzt noch seinen Satz erweitern? Es hatte doch schon alles reingepackt, was ihm eingefallen war!
„Na, was haben wir uns ausgedacht?“ kicherte der Drache und schlug mit dem Schwanz vergnügt auf den Boden. Dabei kam ihm sein giftiger Atem immer näher. „Na wird’s bald, Freundchen?“
Freundchen! Als ob der sein Freund wäre! Das gab ihm die rettende Idee ein: Gegen wen spuckt denn der Drache Tag und Nacht tödliches Feuer?
Was hättet ihr da gesagt?
Klar,er spuckte sie gegen seine Feinde. Aber wenn ich das richtige Losungswort sage, dann kann er doch gar nicht mehr spucken, dachte der Jüngste.
Und was sagte er deshalb? Er sagte: „Nie mehr spuckt der Drache Tag und Nacht gnadenlos tödliches Feuer gegen seine Feinde.“
Da schlug der Drache vor Wut mit dem Schwanz auf die Erde, dass ein Loch entstand so tief wie eine Baugrube. Die Augen quollen ihm aus den Augenhöhlen, er lief rot an, blähte sich auf wie ein Luftballon und zerplatzte schließlich mit einem furchtbaren Knall.
Im gleichen Moment war der Zaubergarten verschwunden und war wieder eine einfache Wiese geworden. Mitten auf der Wiese aber saß die Prinzessin und lächelte ihn an.
Na und was wird weiter noch passiert sein? Das könnt ihr euch selber denken: Die versteinerten Figuren wurden alle wieder lebendig. Der Jüngste heiratete die Prinzessin, wurde König, und wenn sie nicht gestorben sind, dann leben sie noch heute.
Sprachlich geht es in diesem „Kunstmärchen um Satzbildungsregeln. Das klassische Märchenmotiv des das Königreich bedrohenden Drachens wird hier „didaktisch“ gewendet, um Satzerweiterung und Satzbildungsregeln vorzuführen.
Bei den Überlegungen zum Losungswort des Jüngsten können die zuhörenden Kinder jeweils gefragt werden, was sie wohl an dessen Stelle gesagt hätten. Sofern ihre Vorschläge ins Satzschema passt, können sie vom Erzählenden übernommen und in die Erzählung eingefügt werden.