Ein Marabu ging am Fluss spazieren, da sah er am Ufer ein Ei liegen. Ein weißes Ei. Ein großes weißes Ei. Und er sagte sich: „Ich werde dieses Ei zum Frühstück verspeisen.“
Er hackte mit seinem Schnabel auf das Ei, aber das Ei zerbrach nicht. Er drehte es um und hackte noch heftiger auf das Ei. Das Ei blieb ganz. Er hackte ein drittes und ein viertes Mal auf das Ei. Das Ei blieb ganz.
Der Marabu stand vor dem Ei, schüttelte den Kopf und meinte: „Ei, ei, ei … was für ein Ei!“
Ein Krokodil im Fluss beobachtete den Marabu, kam aus dem Wasser und kicherte. „Wie bitte? Du kannst das kleine Ei nicht knacken? Schwächling! Lass mich das machen!“ Das Krokodil packte das Ei zwischen seine Kiefer und biss zu, aber das Ei zerbrach nicht. Es biss, was es beißen konnte, aber das Ei zerbrach nicht. Das Ei blieb ganz.
Das Krokodil und der Marabu standen vor dem Ei, schüttelten den Kopf und meinten: „Ei, ei, ei …was für ein Ei.“
Vom Wasser aus beobachtete ein Nilpferd die Beiden. Es stieg aus dem Wasser und meinte: „Wie bitte? Ihr könnt das kleine Ei nicht knacken? Schwächlinge! Lasst mich das machen!“
Es ging auf das Ei zu, drehte sich um und ließ sich mit seinem dicken Hinterteil auf das Ei fallen, aber das Ei zerbrach nicht. Das Ei blieb ganz.
Dann legte sich das Nilpferd auf die Seite und rollte seinen mächtigen Leib über das Ei, hinüber, herüber, hinüber und wieder herüber, aber das Ei zerbrach nicht. Das Ei blieb ganz.
Das Nilpferd, das Krokodil und der Marabu standen vor dem Ei, schüttelten den Kopf und meinten: „Ei, ei, ei … was für ein Ei.“
Ein Elefant trottete vorbei, sah die Drei und lachte: „Wie bitte? Ihr könnt das kleine Ei nicht knacken? Schwächlinge! Lasst mich das machen!“ Er hob ein Bein und trat gegen das Ei, aber das Ei zerbrach nicht. Das Ei blieb ganz. Dann stieg der Elefant mit seinen zwei Vordeläufen auf das Ei, um es mit seinem Gewicht zu zerdrücken, aber das Ei zerbrach nicht. Das Ei blieb ganz.
Der Elefant, das Nilpferd, das Krokodil und der Marabu standen vor dem Ei, schüttelten den Kopf und meinten: „Ei, ei, ei … was für ein Ei.“
Welche weiteren Tiere kommen noch vorbei und wie versuchen sie das Ei zu knacken? z.B
die Schlange, die es mit ihrem Giftzahn beißt,
die Giraffe, die es auf den Kopf setzt und fallen lässt,
der Löwe, der mit seiner Pranke auf das Ei schlägt,
-der Gorilla, der mit einem abgerissenen Zweig draufdrischt,
der Fischadler, der es zwischen die Krallen nimmt und aus den Wolken fallen lässt
Aber das Ei zerbrach nicht.
Der Fischadler, der Gorilla, der Löwe, die Giraffe, die Riesenschlange, der Elefant, das Nilpferd, das Krokodil und der Marabu standen vor dem Ei: „Ei, ei, ei, … was für ein Ei!“
Und kamen da noch andere Tiere und versuchten das Ei zu zebrechen? z.B.
(Alle weiteren noch genannten Tiere), der Fischadler, der Gorilla, der Löwe, die Giraffe, die Riesenschlange, der Elefant, das Nilpferd, das Krokodil und der Marabu standen vor dem Ei: „Ei, ei, ei, … was für ein Ei!“
Schließlich kam auch die Hyäne angeschlichen, die keiner mochte, weil alle behaupteten, dass sie dumm ist und stinkt. Sie sah die Tiere kopfschüttelnd vor dem Ei stehen. Sie sagte nichts. Sie ging um das Ei herum, schnüffelte an ihm, rollte es mit der Tatze im Ufersand hin und her. Doch dann lachte sie. Sie lachte und lachte.
„Was soll dieses dumme Gelächter? Verschwinde, du Stinker!“ schimpften sie alle.
Aber da lachte die Hyäne noch lauter: „Das da, das ist doch gar kein Ei! Das da, das ist ein Stein! Den hat das Wasser und Sand im Fluss rund geschliffen. Und den wollt ihr knacken! Hahaha!“
Wütend packte der Elefant das Ei – ach nein, den Stein – und warf ihn in den Fluss, so weit hinaus, wie er nur konnte. Platsch! Gluck, gluck! und weg war er.
Da schämten sich diese Tiere, nämlich (alle noch genannten Tiere), der Fischadler, der Gorilla, der Löwe, die Giraffe, die Riesenschlange, der Elefant, das Nilpferd, das Krokodil und der Marabu, dass sie einen Stein für ein Ei gehalten hatten. Sie gingen, schwammen oder flogen weg und kamen nie mehr an diesem Fluss zusammen.
Diese wunderbare Geschichte dachte sich Claus Claussen aus und sie wurde hier für das Miterzählen adaptiert.
Zeichnungen Horst Rudolph und Rosa Müller-GantertDiese Erzählung eignet sich sehr dafür, das gemeinsame Erzählspiel einzuführen, sowohl im Kindergarten wie in einer Schulklasse. Die jede Episode abschließende Kette der sich wundernden Tíere werden die Kinder meist von sich aus gemeinsam sprechen. Wo es nicht spontan folgt, regen das die Erzähelnden an.
Nachdem mit den ersten Tieren, die das Ei vergeblich zu zerbrechen suchen, die Spielregel präsentiert ist, können die Kinder entscheiden, welches Tier nun dazu kommt. Dabei ist darauf zu achten, dass die Zuhörenden jeweils genau benennen, was das gewählte Tier macht, um das Ei zu knacken. Durch Nachfragen kann genauer festgelegt werden, dass diese Versuche den körperlichen Eigenschaften des Tieres (z.B. das Krokodil, das es zu zerbeißen sucht oder der Adler, der es in die Luft hebt und fallen lässt) entsprechen und sich zugleich von den bereits genannten Versuchen der Tiere unterscheiden, die es zuvor zu knacken versuchten. Wenn die Zuörenden nicht spontan Tiere vorschlagen, können die Zeichnungen für die Auswahl benutzt werden. Bei jedem neuen Tier ist darauf zu achten, dass die Eoisoden vollständig ausgeführt wird mitsamt der Aufzählung der beteiligten Tiere.
Wenn die Zuhörer nur den Namen eines Tieres nennen, führt der/die Erzählende aus, was es unternimmt, um das Ei zu zerbrechen.
Vor der Aufzählung der Kette der vor dem Ei stehenden Tiere jeweils eine kurze Pause machen, damit die Zuhörer sie nennen können. Spätestens das „Ei, ei, ei … was für ein Ei!“ gemeinsam sprechen.Vor Kindergartenkindern kann die Szene voranschaulicht werden, indem ein Schal als Fluss auf dem Boden ausgelegt wird und ein Spielzeugei oder auch ein Stein das vermeintliche Ei repräsentiert. Die Erzählenden führen dann mit Gesten vor, wie die Tiere das Ei zu zerbrechen suchen.
Die Geschichte eignet sich auch gut dafür, sie im Rollenspiel nachzuspielen und dabei die Tierfiguren jeweils in ihren Aktionen darzustellen (z.B. das Krokodil, das mit ausgestreckten Armen zubeißt, oder das Nilpferd, das sich mit dem Hinterteil auf das Ei fallen lässt).